Heil der Welt, Tausendschön, Venusbraue
Wenn dich eine Krankheit plagt und bedrohlich an dir nagt,
wenn zerrissen deine Haut, nimm das sagenhafte Kraut.
Ob dich Bauchweh oder Fieber plagt,
du weinst vor Schmerz und dich das Unglück traf.
Gib nicht auf in deiner Pein,
die Schafgarbe lässt dich nicht allein.
Allen Frauen sei gesagt,
dass die Venus sie bedacht, wenn ihr Zyklus Kummer macht.
Ob Mensch, ob Tier, ob Pflanze selbst
ob tapfer oder ohne Mut
die Schafgarbe tut allen gut.
Maren Kunst
Hier könnte ich dann auch gleich wieder den Schlusspunkt setzen. Es wäre meinerseits alles gesagt. So, wie in meinem kleinen Reim über die Schafgarbe, habe ich sie erlebt und erfahren. Die Schafgarbe war eine der ersten Pflanzen, die ich erkundete als ich begann mich mit den Heilkräften der Pflanzen und Kräuter auf unseren Wiesen und in unseren Wäldern zu beschäftigen. Zugegeben sehr zaghaft und nicht ohne Zweifel, ging ich damals an die Sache heran. So genau weiß ich auch gar nicht mehr, was der eigentliche Auslöser dieses Studiums war. Ich glaube es war der schlechte gesundheitliche Zustand meines Friesenstütchens Anni, die ich nicht mit dem Verstand zu begründen, die Folgen völlig ignorierend aus Liebe in Holland gekauft hatte. Ja, ich glaube, da fing es an mit den Pflanzen...
«Nicht ohne Zweifel»...jedoch mit großem Interesse, habe ich das Wissen über die Heilkräfte der Pflanzen in mir aufgenommen, jedoch weiterhin bei dem einen und anderen Wehwechen auf Medikamente und Präparate aus der Apotheke zurück gegriffen. Das änderte sich an dem Tag, als ich im Rahmen eines Heilpflanzen-Praktikums mit einer Kollegin Obstbäume beschnitt und diese sich mit der Gartenschere beinahe den Zeigefinger durchtrennte. Wir waren fernab von irgend einer Erste Hilfe Versorgung oder einem Notfallkoffer. Wie automatisch, ohne mein Handeln in irgendeiner Weise zu hinterfragen, rannte ich los, riss ein paar Stängel Schafgarbe ab, steckte sie mir in den Mund und kaute sie, während ich noch rasch ein paar große Blätter Breitwegerich pflückte. Ich legte den gekauten Pflanzenbrei auf die triefende Wunde und wickelte die Breitwegerichblätter als Druckverband um den Finger. Dann eilten wir zum Haus, um Notwendiges in die Wege zu leiten. Die Frau, bei der wir das Praktikum machten, kam heraus und wollte den Notarzt rufen, vorher aber die Wunde begutachten. Als sie den Verband aus Schafgarbebrei und Breitwegerichblättern abnahm, sahen wir alle drei sehr erstaunt auf eine nicht mehr blutende Wunde....
Nach diesem Ereignis, sind mir selbst, noch einige Missgeschicke und Belange auf meiner fast fünfjährigen «Heil» & Lernreise durch Deutschland und Kroatien widerfahren und so hat mir auf die eine oder andere Weise, dieses oder jenes Pflänzchen ihre Heilkraft aus Zufall oder in Not offeriert und mich unterrichtet. Und nun zweifle ich nicht mehr und zwar, weil ich weiß. Wenn bei meiner Arbeit oder bei Heilungsversuchen irgendetwas nicht klappt wie ich es erdachte oder mir vorgestellt habe, liegt es an mir, weil es mir noch an Wissen und Erfahrung fehlt oder weil ich irgendetwas nicht bedacht habe. Oft waren meine Absichten und mein Ansinnen vielleicht richtig, doch musste ich auch lernen, das nicht jeder Ratsuchende und jede Krankheit MEIN Job waren und sind. Ich habe gelernt Belange und Krankheiten als Botschafter zu verstehen. Doch was nützt es, dass ich sie verstehe, wenn es nicht meine Botschaften sind? Ich mag sie verstehen und kann sie auch ausrichten. Doch so diplomatisch ich es auch zu verpacken vermochte und vermag, beschlich und beschleicht mich manchmal das Gefühl am Ende noch sagen zu müssen: «Don't kill the messanger!». Heilung beginnt, so wie ich es verstanden habe, mit der Wahrheit und die tut häufig weh. Hippokrates hatte es weise erfasst, als er sagte:
«Bevor du jemanden heilst,
frage ihn ob er bereit ist die Dinge aufzugeben,
die ihn krank gemacht haben.»
und die gute Hildegard von Bingen, brachte die Sache auch sehr richtig mit den folgenden Worten auf den Punkt:
«Jede Krankheit ist heilbar,
aber nicht jeder Patient.»
Da ich in mancherlei Hinsicht und sicher auch meiner manchmal sturen Stiernatur und Dickköpfigkeit geschuldet, oft beratungsresistent war, haben mir diese beiden Zitate häufig zu denken gegeben...Ich muss das allerdings insofern ergänzen, dass ich sehr froh und dankbar bin über meine Geburtsstunde. Eine im schönen Monat Mai venus-geborene Stierfrau ist doch wirklich ein Segen, zuweilen aber eben auch das Gegenteil...
Was sie nun mit Schafen direkt zu tun hatte oder hat, weiß ich nicht aber «Garbe» ist hergeleitet aus dem Althochdeutsch für Garwe: Gesundmacher oder Heiler oder Garwa: die Heilende. Es wird aber vermutet, dass Schafe wenn sie krank waren, die Pflanze fraßen oder sie mit ihr gefüttert wurden. Ihr bekannter Beiname Venusbraue, bezieht sich auf die fein gefiederten jungen Blättchen der Schafgarbe, die wie eine Augenbraue aussehen und Venusbraue deswegen, weil sie eine der wichtigsten Heilpflanzen in der Frauenheilkunde war und ist.
Ihr lateinische Name Achillea geht auf Achilles, den Helden aus der griechischen Mythologie und Protagonisten der Homerischen Ilias zurück, also dem der von seiner Mutter kopfüber in den Unterweltfluss Styx gestuckt wurde. Dieses vermutlich unfreiwillige Bad machte ihn unverwundbar, außer an der Ferse an dem die Mutter ihn hielt. Achilles starb durch einen Pfeil, der diese Ferse traf, daher auch die Metapher der «Achillesferse» für eine schwache oder verwundbare Stelle in einer an sich starken oder mächtigen Ordnung. Achilles war Schüler des weisen Kentauren Chiron, der ihm die Heilkunst lehrte und den Gebrauch der Heilpflanzen. Mit Schafgarbe hat Achilles in Feldzügen und im Trojanischen Krieg verwundete Soldaten behandelt. Auch weil ihm das viele Heilkundige und Ärzte, Dioskurides zum Beispiel, nachmachten, hat Schafgarbe auch Namen bekommen wie Soldatenkraut oder Militaris.
Da Menschen ja nun überall auf der Welt streiten und zuweilen auf einander losgehen, die Schöpfung es aber bislang immer mit ihnen gut meinte, ist die heilsame Schönheit fast überall und gar nicht mal selten, auf der Welt zu finden. Also wenn einer mal blutend zu Boden geht, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er dort liegend nur den Arm ausstrecken braucht, um sich ein Pflänzchen zu schnappen und seine Blessuren zu verarzten.
Und um die Namenserklärung zu vervollständigen: millefolium heißt zu Deutsch Tausendblatt, was auf ihre zahlreichen und vielfach gefiederten Blättchen zurückzuführen ist.
Die holde und gestandene Schönheit ist was ihren Standort betrifft recht anspruchslos. Hitze, Dürre und Kälte machen ihr nichts aus. Nur eins mag sie nicht, «nasse Füße».
Die Heilwirkung der Schafgarbe bei:
Magen-Darm: Verdauungsstörungen, Blähungen, krampfartigen Verdauungsbeschwerden, Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit, Verstopfungen und Durchfall, Darmentzündungen
Gallenbelange: Schafgarbe kann den Gallenfluss fördern und somit Völlegefühle und Übelkeit lindern.
Atemwege: Erkältungen oder anderen Beschwerden der oberen Atemwege
Haut: Hautproblemen, unreine Haut, Akne oder
Wunden (blutend oder eiternd)
Abschürfungen, Sonnenbrand
Kopfschmerzen, Migränesymptome
Nackenstarre, Rückenschmerzen
Krampfadern und Hämorrhoiden
PROGESTERON- Mangelerscheinungen Progesteron ist der natürliche Gegenspieler zum Östrogen. Ab ca. dem 30. Lebensjahr sinkt der Progesteronspiegel ab und es kommt zu einer «Östrogendominanz». Dieses Ungleichgewicht sorgt für die vielfältigen Probleme der Frauen in den Jahren vor und während den Wechseljahren: «Wut im Bauch», Cholerische Ausbrüche Zysten in Brust und Eierstöcken Myome sehr starke und lange Regelblutungen Brustspannen, PMS, Herzrhythmusstörungen, Blasenprobleme, Schlafstörungen, reduzierte Stresstoleranz, Schwitzen…usw.
Schafgarbe wirkt:
krampflösend,
gallefördernd,
wundverschließend
adstringierend (zusammenziehend)
blutstillend
antioxidativ
schleimlösend
harntreibend
blähungstreibend, krampflösend, verdauungsfördernd
antibakteriell, entzündungshemmend, desinfizierend
schmerzlindernd
entspannend und beruhigend (bei physischem und psychischem Trauma)
Die Inhaltsstoffe der Schafgarbe: Die Pflanze enthält mehr als 80 Inhaltsstoffe, die der Heilung dienen. Darunter: ätherische Öle wie Cineol, Pinen, Kampfer, Eugenol, Thujon, Limonen, Chamazulen; Eukalyptol Sesquiterpene, Phenolcarbonsäuren Caryophyllen und Chamazulen Bitterstoffe (Achillein) Gerbstoffe, Flavonoide (Glykoside; Apigenin; Orientin; Casticin) Kieselsäure und Salicylsäure
Wissenswertes über die Schafgarbe:
Die keltischen Druiden nannten sie Beliocandos, nach einer ihrer höchsten Gottheiten Belenus, dem Heil- und Quellgott. Das wenige was von ihnen überliefert ist, lässt darauf schließen, dass sie die Pflanze sowohl als Heilkraut aber auch als Schutzpflanze und zu rituellen Zwecken verwendeten
Schafgarbe ist Bestandteil der Mittsommerkräuter.
Die Indianer verwenden sie als Heilmittel für interne und externe Beschwerden. Die Navajo betrachten sie als «Lebensmedizin» und sie wird hauptsächlich als Schmerzmittel und zur Behandlung von Verbrennungen eingesetzt. Die Ojibwe rauchen manchmal die Blüten für zeremonielle Zwecke.
Schafgarbe ist eine häufige Zutat in der ayurvedischen Medizin. Sie wird zur Wahrsagerei in China verwendet, wo es als Glücksbringer angesehen wird.
Während des Mittelalters wurde Schafgarbe verwendet, um Bier und Liköre zu würzen.
Schafgarbe ist eine Nahrungsquelle für viele Insekten. Einige Vögel bauen ihre Nester mit Schafgarbe, um sie von Schädlingen frei zu halten. Schafgarbe ist eine Zutat der Gründonnerstags-Suppe In Schweden diente Schafgarbe als Tabak- oder Hopfenersatz
In meinem kleinen Reim oben, steht ja: «Ob Mensch, ob Tier, ob Pflanze selbst». Das möchte ich zum Schluss kommend noch ganz kurz erklären. Eine meiner Lieblingskräuterwiesen hier, wo ich auch die Schafgarbe gesammelt habe, ist umsäumt von wunderschönen Birken-, Kastanien-, Weißdorn-, Apfel und Holunderbäumen.
Als ich eines Tages im Sommer meine tägliche Fahrradtour machte, hat es mich vor Schreck und Sorge beinahe vom Rad gehauen.
Eine Birke aus einer schönen Dreiergemeinschaft, an der ich oft raste oder lese, war vermutlich aus Gaudi oder irgendeinem anderen bescheuerten Grund schwer verwundet worden.
Vermutlich mit einem Knüppel hatte man ihr ein großes Loch in die Rinde geschlagen. Das Forstamt und die Umweltbehörde haben nicht auf meine Anfrage reagiert, wie ich ihr helfen könnte. So eine große Verletzung der Rinde kann für einen Baum das Todesurteil bedeuten, da unter der Rinde der Säftefluss, ähnlich dem menschlichen Kreislauf-system, stattfindet. Zudem war es Sommer und die Gefahr von «Sonnenbrand» bestand zusätzlich. So musste ich mir selbst etwas einfallen lassen und habe einen Schafgarbe- und Breitwegerichsud zubereitet, Holzkohle zerkleinert und beides miteinander vermischt. Ich habe diesen «Verband» dann täglich auf die Wunde der Birke aufgetragen und zusätzlich energetisch an diesem Ort gearbeitet. Eine meiner Gaben ist die auch nicht menschliche Wesen zu spüren und nach einer Zeit hatte ich tatsächlich das Gefühl, sie sei «über den Berg». Ich bedenke sie immer wenn ich dort lang fahre und hoffe, dass sie alles gut überstanden hat und heilt...
Aus der DE MATERIA MEDICA von Pedanius Dioscurides
Achilleae millefolium (Compositae) - Schafgarbe
Der Stratiotes chiliophyllos ist ein ganz kleiner Strauch, eine Spanne hoch und höher, mit Blättern ähnlich den Federn eines jungen Vogels. Die Ansätze n den Blättern sind sehr kurz, eingeschnitten, in ihrer Kürze, sowie der Unebenheit gleichen die Blätter am meisten dem wilden Mutterkümmel. Die Dolde ist aber dichter und voller als bei diesem; denn er hat an der Spitze kleine Stengel, an denen die Dolden sitzen wie beim Dill. Die Blüthen sind weiss, klein. Er wächst meist auf dürren Aeckern und an Wegen. Auch diese Pflanze ist sehr gut gegen Blutflüsse, gegen alte und frische Wunden und Fisteln.
Aus «The Complete Herbal» von Nicholas Culpeper
Schafgarbe, genannt Nasenbluten- Kraut, Tausendschön, Tausendblatt
Beschreibung: Sie hat viele lange Blätter, die auf dem Boden ausgebreitet, fein eingeschnitten und in viele kleine Glieder geteilt sind. Die Blüten sind weiß, aber nicht alle weiß und stehen in Knoten an zahlreichen grünen Stängeln, die zwischen den Blättern hervorragen.
Ort: Sie ist auf allen Weiden zu finden.
Zeit: Sie blüht spät, sogar gegen Ende August.
Herrschaft und Tugenden:
Sie steht unter dem Einfluss der Venus. Eine Salbe aus ihr heilt Wunden und ist am besten geeignet für solche, die Entzündungen haben. Da es ein Kraut der Dame Venus ist, stoppt es die Perioden bei Frauen, indem es in Weißwein gekocht und der Absud getrunken wird; ebenso der blutige Ausfluss. Die Salbe davon ist nicht nur gut für unreine Wunden, sondern auch für Geschwüre und Fisteln, besonders für solche, die reichlich Feuchtigkeit enthalten. Sie hemmt den Haarausfall, indem man den Kopf mit ihrem Absud badet. Innerlich eingenommen hilft es dem Magen, das Wasser zurückzuhalten; es hilft dem Tripper bei Männern und dem Weißfluss bei Frauen, und hilft denen, die ihr Wasser nicht halten können. Und die Blätter im Munde gekaut lindern die Zahnschmerzen, und diese Tugenden zusammengenommen, zeigen, dass das Kraut austrocknend und bindend ist.
Man nimmt an, dass Achilles der erste war, der die Tugenden dieses Krauts der Nachwelt überliefert hat, da er sie von seinem Meister Chiron, dem Zentauren, gelernt hat. Es ist sicherlich ein sehr nützliches Kraut bei Krämpfen und wird daher Militaris genannt.
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