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CORPUS HERMETICUM

Das Corpus Hermeticum, nach dem Titel des ersten Textes auch Poimandres genannt, ist eine Sammlung von griechischen Traktaten in Brief-, Dialog- und Predigtform über die Entstehung der Welt, die Gestalt des Kosmos sowie menschliche und göttliche Weisheit. Als Verfasser galt schon in der Antike Hermes Trismegistos, dem eine Vielzahl von religiösen, astrologischen und magischen Schriften zugeschrieben wurde.

Satz:
Das Bewusstsein - Zu haben, was man braucht & Unabhängigkeit.
Gegensatz:
Sucht & Abhängigkeit

Aus dem CORPUS HERMETICUM

CH VIII


1.
Wohin laßt ihr euch treiben in eurer Trunkenheit, ihr Menschen, die ihr die ungemischte Lehre der Unwissenheit ausgetrunken habt, die ihr überhaupt nicht vertragen könnt? So speit sie doch sogleich wieder aus; haltet ein, werdet nüchtern! Blickt auf mit den Augen des Herzens. Und wenn ihr es nicht alle könnt, wenigstens die, die es können. Das Übel der Unwissenheit überschwemmt die ganze Erde und richtet zugleich die im Körper eingesperrte Seele zugrunde; läßt sie sie doch nicht in den Häfen der Rettung vor Anker gehen. 
2. 
So laßt euch denn nicht fortreißen von der starken Strömung, sondern nutzt eine Gegenströmung, ihr, die ihr den Hafen der Rettung erreichen könnt, und ankert in ihm; sucht einen, der euch an die Hand nimmt und euch den Weg weisen wird zu den Pforten der Erkenntnis, wo das strahlende Licht ist, rein von Dunkelheit, wo auch nicht einer trunken ist, sondern alle nüchtern sind und mit ihrem Herzen aufblicken zu dem, der gesehen werden will. Denn ihn kann man nicht hören, nicht nennen, nicht mit Augen sehen, sondern nur mit dem Geist und dem Herzen.
Zuerst mußt du das Kleid zerreißen, das du trägst, das Gewebe der Unwissenheit, die Grundlage der Schlechtigkeit, die Fessel des Verderbens, den finsteren Kerker, den lebendigen Tod, den wahrnehmenden Leichnam, das Grab, das du mit dir her- umträgst, den Räuber im eigenen Hause, der dir seinen Haß durch das beweist, was er liebt, und dir das mißgönnt, was er haßt. 
3. 
So ist der Feind, den du als Kleid angezogen hast; er würgt dich nach unten zu sich hin, damit du nicht aufblickst, nicht die Schönheit der Wahrheit siehst und das Gute, das darin liegt; damit du nicht sei- ne Schlechtigkeit haßt, wenn du seine Hinterhältigkeit begreifst, mit der er dir zu schaden sucht; denn er macht das, was die (geistigen) Wahrnehmungsorgane zu sein scheinen, die aber nicht dafür gehalten werden, wahrnehmungslos, verstopft sie mit viel Materie und füllt sie mit scheußlicher Lust, damit du nicht hörst, was du hören müßtest, und nicht siehst, was du sehen müßtest

 

 

Bin ich schwer von beGEISTert

aus dem CORPUS HERMETICUM

CH VIII

Nichts von dem, was ist, geht unter, sondern die Veränderungen sind es, die man irrigerweise Untergang und Tod nennt. [Seite 77]

1. Hermes: Jetzt müssen wir, mein Sohn, über die Seele und den Körper sprechen, nämlich in welcher Weise die Seele unsterblich ist, und was für eine Kraft es ist, die die Entstehung und [Seite 78] Auflösung des Körpers bewirkt. Den Tod nämlich gibt es bei keiner von ihnen (beiden), sondern man hat ihn sich ausgedacht aufgrund des Begriffes ,unsterblich': er wird entweder als leere Wortschöpfung gebraucht, oder man spricht unter Weglassung der ersten Buchstaben von,Sterben' anstelle von ,Unsterblichkeit'.205 Denn Sterben und Tod bezeichnet Untergang, aber nichts von dem, was es im Kosmos gibt, geht unter. Wenn nämlich der Kosmos ein zweiter Gott ist und ein unsterbliches Lebewesen, dann ist es unmöglich, daß irgendein Teil dieses unsterblichen Lebewesens stirbt. Alles im Kosmos aber ist Teil des Kosmos und besonders der Mensch, das vernunftbegabte Lebewesen. 
2. Der erste von allem ist wahrhaftig Gott, ewig und ungezeugt und Schöpfer von allem. Der zweite ist der, der nach seinem Bild von ihm geschaffen wurde; er wird von ihm erhalten und genährt und unsterblich gemacht, weil er ja von einem Vater entstanden ist, der ewig ist; ein immerlebendes Wesen ist er, weil er unsterblich ist. Denn was immerlebend ist, unterscheidet sich vom Ewigen. Denn Gott ist nicht aus einem anderen entstanden. Wenn er nämlich wirklich entstanden wäre, dann aus sich selbst. (Der Kosmos aber)206 entstand niemals, sondern befindet sich immer im Prozeß des Werdens. (...)207 der aber selbst Vater von sich selbst ist, ist ewig. Der Kosmos aber ist vom Vater als [Seite 79] ewiger208 und unsterblicher geschaffen. 3. Und alles, was an Materie bereitlag für sein
eigenes Geschöpf,209 hat der Vater (genommen)210 und damit dem All körperliche Gestalt gegeben, hat ihm Umfang und Weite verliehen, hat es kugelförmig gemacht und hat ihm seine jetzige Gestalt geschenkt; eine Materie211 (hat er genommen), die auch selbst unsterblich ist und deren Materialität ewig ist. Mehr noch, der Vater hat die von den Ideen stammenden Qualitäten in die Kugel gesät und hat sie wie in einer Höhle eingesperrt, weil er das mit seiner Hilfe Geformte mit allen denkbaren Qualitäten ausstatten wollte, und umgab den ganzen Körper mit Unsterblichkeit, damit die Materie nicht von dem Wunsch erfaßt würde, diese von ihm bewirkte Gestaltung aufzugeben, und sich wieder in ihre eigene Unordnung auflöse. Als die Materie nämlich (noch) nicht zu Körpern geformt war, war sie ungeordnet. Sie weist aber auch hier (Unordnung)212 auf, die sich häuft bei allen anderen unbedeutenden Qualitäten (und) beim Vorgang des Wachsens und des Schwindens, den die Menschen Tod nennen. 4. Diese Unordnung betrifft (allein) die irdischen Lebewesen. Denn die Körper der himmlischen Wesen haben eine einzige Ordnung, die sie vom Vater von Anfang an erhalten haben. Sie wird aber [Seite 80] unaufhebbar bewahrt infolge der Rückkehr jedes einzelnen an seinen ursprünglichen Platz. Die Rückkehr der irdischen Körper in ihren früheren Zustand bedeutet (die Auflösung)213 der Zusammenfügung; diese Auflösung aber besteht in der Rückkehr zu unauflöslichen Körpern, d. h. zu unsterblichen.214 Und so kommt es zum Verlust des Bewußtseins,215 aber nicht zu einem Untergang der Körper. s. Das dritte Lebewesen, der Mensch, der nach dem Bilde des Kosmos entstanden ist, ist nach dem Willen des Vaters mit Geist begabt im Unterschied zu den anderen irdischen Lebewesen und steht nicht nur mit dem zweiten Gott in Wechselwirkung (sump1jeia), sondern hat auch Erkenntnis vom ersten. Den einen nimmt er wahr als Körper, den anderen erkennt er als unkörperlich und als Geist, als das Gute." 
Asklepios:216 Dieses Lebewesen geht also nicht zugrunde?" 
Hermes: Schweig und versündige dich nicht, mein Sohn, und bedenke, was Gott ist, was der Kosmos, was ein unsterbliches Lebewesen, was ein Lebewesen ist, das sich auflöst, und bedenke, daß der Kosmos von Gott abhängt und in Gott ist, der Mensch aber vom Kosmos und im Kosmos, Gott aber Anfang aller Dinge ist und alles umfaßt und ordnet."

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