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VOODOO in der Haitianischen Tradition

Vorab ein paar Worte von Karen McCarthy Brown:

«Im Zentrum der Religion, die afrikanische Sklaven ihren Nachkommen überliefert haben, stehen Heilverfahren.... Es gibt kein Voodoo-Ritual, sei es individuell oder gemeinschaftlich, größer oder geringeren Umfangs, das nicht zugleich ein Heilungsritus ist. Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass die Haitianer glauben, Leben und Leiden seien untrennbar mit einander verbunden. Voodoo ist das System, was sie ersonnen haben, um mit dem von Leid geprägten Leben umgehen zu können. Der Voodoo soll die Schmerzen lindern, Unheil abwenden, einen Verlust erträglich machen, Überlebende und Überlebensinstinkte stärken...» Karen McCarthy Brown (12. August 1942 - 4. März 2015) war eine Anthropologin, die sich auf die Anthropologie der Religion spezialisiert hat. Am bekanntesten ist sie für ihr bahnbrechendes Buch «Mama Lola: Eine Vodou-Priesterin in Brooklyn», das einen großen Beitrag zur Entstigmatisierung des haitianischen Vodou leistete. Bis zu ihrer krankheitsbedingten Pensionierung im Jahr 2009 war McCarthy Brown Professorin für Anthropologie an der Drew University.


& ein paar für mich wichtige Worte

Ich möchte ganz deutlich darauf hinweisen, dass mein Interesse am Voodoo hauptsächlich in meiner Neugier an alten und fremden Heilmethoden und ein wenig nebensächlich in einem Referat über gezielte psychologische Manipulation im Rahmen von Propaganda, fußt. Zuletzt jedoch nicht geringer bedeutsam, veranlasste mich einer Offenbarung (zwar nicht penetrant aber immerhin mit einem deutlichen Fingerzeig und einem um den Finger gewickeltem «Zettelchen»: «Damit solltest du dich mal beschäftigen»), mich dem Voodoo und seinen Möglichkeiten zu widmen. Ich habe kein Interesse daran, im Westen IN gewordene Praktiken, wie etwa Puppen- und Liebeszauber, Fluchtafeln oder andere Sachen, zu beschreiben oder zu bewerben. Zumeist im Internet sind viele Informationen mit wenig Fundament und Shops mit fragwürdigen Produkten zu finden. Ich habe mir hier und da die Mühe gemacht, der Urheberschaft dieser Seiten ein wenig auf den Grund zu gehen und fand zumeist keine Knüpfpunkte, Ahnenverbindungen oder ähnliches zum ECHTEN Voodoo und identifiziere für mich einen Haufen dieser Leute als (ich benutze das Wort wirklich höchst ungern) Scharlatane, die keine fundierten Erfahrungen mit der Materie haben, geschweige, den die Auswirkungen auf ihre Klienten kennen und zudem auch noch auf höchst fragwürdige Art und Weise Geld verdienen. Wenn man als Europäer seine Berufung in der Heilkunst oder im Mysteriösen glaubt gefunden zu haben, könnte man ja auch seine Energie darauf verwenden unsere eigene Ahnenkultur zu rekonstruieren, zu rehabilitieren und mitzuhelfen unsere, durch Römer und Christianisierung vernichtete, eigene Tradition und Kultur wieder zu beleben. Voodoo hat bereits gewaltigen Schaden durch sensationslüsterne und bescheuerte Hollywood-Inszenierungen mit irgendwelchem Halbwissen erlitten und daher frage ich mich, wie man als authentischer und ethischer Heilwirksamer, Heiler oder Schamane auf die Idee kommen kann, seinen Klienten Voodoo Puppen und Liebeszauber zu verkaufen. Jeder mit weisem Geiste weiß, wie einfältig Menschen sein können. Allein die Idee geistige Kraft auf jemanden zu fokussieren und egal aus welch scheinheiligem Grund auch immer, etwas mit Nadelstichen zu affirmieren, lässt meine Nackenhaare wirklich in alle Himmelsrichtungen stehen. Den Voodoo als Heilmethode zu versuchen, ist eine ausgezeichnete Sache, jedoch sollte er meiner Meinung nach nur durch geschulte Hand angewendet werden und durch eine Person, die durch kulturelle Verwurzelung den Voodoo Geistern gewachsen ist. Ich kann wirklich nur jedem Menschen davon abraten, auf zweifelhafte und reißerische Angebote einzugehen und derlei Praktiken zu gebrauchen. Wenn man es gut meint, gibt es sicher andere Wege der Energiespende, wenn man es nicht gut meint, sollte man vor Gebrauch solcher Praktiken überlegen, ob man nicht lieber das durch eine andere Person verletzte Ego, den beleidigte Stolz oder anderes zu pflegen, zu heilen oder zu kurieren. Und meine Empfehlung ist außerdem, mir gut zu überlegen, ob ich den mit Sicherheit auf irgendeine Weise und zu irgendeiner Zeit zurück kehrenden Bumerang aushalten kann. Ich habe an dieser Stelle wirklich kein Erbarmen und halten Menschen die schwarz-magische Rituale oder Praktiken ausüben, um andere zu manipulieren, für Feiglinge oder krankhafte Narzissten, die nur sich im Sinn haben und keinerlei Respekt vor dem Wesen anderer haben. Ja, und ich halte das Piken von affirmierten Puppen ohne Zustimmung des «Gemeinten» für eine schwarz-magische Praktik und für eine energetische und seelische Vergewaltigung. Man weiß schließlich nie, was am anderen Ende wirklich herauskommt. Im schlimmsten oder im eigentlichen Sinne im besten Falle, hat der «Gepiesackte» auch seine Geister, die den «Scherz» oder die wirklich boshafte Absicht dahinter ahnden und das mit Sicherheit nicht zu knapp... Und das halte ich für gültig und wirksam für jedwede Art der psychologischen Manipulation, deren Qualität die Resonanz bestimmt.


Falls es doch noch jemanden geben sollte, der trotz der obigen Zeilen hier immer noch auf der Suche nach einem "Zauberspruch", einer Anleitung für Piksepüppchen oder einem Schadzauber ist, dem sei gesagt: "Verschwende hier nicht deine kostbare Lebenszeit." Es geht hier wirklich einzig um eine sehr interessante fremde Kultur und Heilweise, die durch Sensationsgier und Propaganda in ein absurdes und einseitiges, betrüblicherweise schlechtes Licht, gerückt wurde. Frage mal jemanden auf der Straße, was er über Voodoo weiß...

Falls jemand auf der Suche nach einem Fluchbann oder einem Mittel gegen Beschreiung ist, muss ich ihn leider auch enttäuschen. Denn dieses ist nicht meine Weise. Ich praktiziere für mich die Rücksendung oder das Spiegeln, so hat dann jeder was davon... Das tue ich nicht aus böser Absicht. Meine Philosophie ist das Erkennen, Lernen und Wachsen durch das Erfahren. In jede Richtung zeigend, sollte man meiner Meinung nach wissen und selbst erfahren, was man tut.



Übersicht:

Die Priester des Voodoo - Manbo & Oungan Voodoo-Praktiken Kultobjekte, Altäre &



Als ein Mensch der im Norden Mitteleuropas beheimatete ist, wird es mir naturgemäß kaum gelingen, den Voodoo in seiner Essenz authentisch zu beschreiben. Jedoch gab es Anlässe und ich hatte meine Gründe mich mit ihm zu beschäftigen, um zu verstehen. Ich meine, Afrika, Haiti und Voodoo sind weit weg. Das wenige, was ich über ihn weiß, möchte ich in diesem Text gerne zusammenfassen, allerdings unter dem Aspekt und dem deutlichen Hinweis, dass ich nie in einem afrikanischen Stamm, geschweige denn in Haiti gelebt habe. Wer das getan hat, braucht hier wirklich nicht weiter zu lesen und weiß mit Sicherheit mehr als ich. Das was ich über afrikanische Kulturen gelesen, erfahren oder gesehen habe, ist zweifelsohne sehr interessant, aber es entspricht weder meinem Wesen noch meiner Natur. Das Zitat von Karen McCarthy Brown ist mir in diesem Zusammenhang im Gedächtnis geblieben:

«Voodoo ist die Religion des Überlebens,

und entsprechend sind die Ratschläge,

die er erteilt.»

Ich musste nie meilenweit gehen, um einen Krug Wasser aus einem weit entfernten Brunnen zu schöpfen. Ich habe nie unter sengender Hitze Kinder geboren und musste mit ansehen, wie sie verhungern oder an Kraftlosigkeit, Krankheit oder Parasiten sterben. Ich wurde nie dazu gezwungen ein fremdes Schiff zu besteigen, in ein fernes Land zu reisen um dort für eine weiße Elite ohne Lohn und unter menschen-unwürdigen Bedingungen zu schinden. Das sind extreme Beispiele, ich weiß, und dennoch ist Voodoo von ihnen geprägt und seine Geister sind charismatisch diesen Bedingungen angepasst und helfen denen, die diese Bedingungen leben müssen. Dennoch fand ich erstaunliche Parallelen zu meiner eigenen Geschichte und zu dem Schicksal meiner eigenen Ahnen und ihren Göttern. Denn Voodoo ist ein Naturglaube und seine Geister werden als Familienmitglieder verstanden und nicht in dem Sinne als Ikonen, die in Kathedralen und Kirchen wöchentlich abgestaubt werden.

Doch zunächst kurz eine geschichtliche Reise

Die Geschichte des Voodoo beginnt nicht, wie viele Menschen annehmen, um 1500 nach der Zeitenwende etwa in Haiti, sondern um 12.000 vor ihr in Afrika mit einem Volk, dass für die Pharaonen in Ägypten arbeiteten. Vermutlich oder vielleicht halfen sie dort bei der Errichtung ihrer Grabmäler. Dieses Volk verließ Ägypten und durchwanderte Jahrtausende-lang als Nomadenvolk Afrika bis ins südliche Westafrika in die Gegend des heutigen Benin und Nigeria. Es ist nicht sicher, ob diese Afrikaner in der Zeit als sie in Ägypten weilten, bereits ihre eignen Götter verehrten oder ob sie dem ägyptischen Götter Pantheon huldigten. Auf ihrer Wanderung durchquerten sie viele Gebiete und trafen auf unterschiedlichste Stämme und Völker und so könnten sich die mannigfaltigen Nationen der Voodoo Geister ihrer Wanderung angeschlossen haben. Die Nomadengemeinschaft aus mehr als 20 verschiedenen Gruppen schloss sich zum Volk der Yoruba zusammen. Vermutlich 500 vor der Zeitenwende erreichten sie das Gebiet des heutigen Nigeria und siedelten dort an.

Heute wird die Religion der Yoruba hauptsächlich in Teilen Nigerias und des angrenzenden Benins praktiziert. Die Kosmologie basiert auf einem untrennbaren Kosmos, in dem der unsichtbarer Bereich (òrun) und der sichtbarer Bereich (aye) über die universelle Lebensenergie Ashé wechselwirkt und so in Balance gehalten werden. Im òrun sind Olódùmarè (vergleichsweise Gott und Schöpfer), Orishas (die anderen Götter) und Ahnen, im aye die Lebenden. Es gibt keine Polarisierung in «das Gute» und «das Böse». Diese religiösen Grundsätze sind auch der Ursprung einer ganzen Reihe religiöser Traditionen, die heute hauptsächlich in verschiedenen Ländern Amerikas gelebt werden. Zu diesen afroamerikanischen Religionen gehören Vodou (Voodoo), Santería, Umbanda, Candomblé, Macumba und noch einige weitere, wobei die Grenzen sowohl untereinander als auch zum Christentum oft fließend sind. Viele Yoruba und Nachkommen der verschleppten Sklaven aus diesem Volk sind sich aufgrund der weiten Verbreitung dieser Religion und deren Traditionen durch den Sklavenhandel einig, dass ihre Religion als Weltreligion bezeichnet werden kann.


Nun also zum Voodoo, genauer zu seiner haitianischen Tradition - Vodou

In Haiti ist Voodoo die Mehrheitsreligion, obwohl es schwer zu bestimmen ist, wie viele Haitianer tatsächlich Voodoo oder kreolisch Vodou praktizieren. Das liegt auch daran, weil das Land nie eine genaue Volkszählung hatte und viele Voodooisten entweder nicht regelmäßig, sondern nur in Not praktizieren oder nicht offen zugeben, dass sie die Religion praktizieren. Es ist jedoch die Hauptreligion, denn die meisten Haitianer praktizieren sowohl Voodoo als auch Römisch-katholisch. Eine oft verwendete Posse über Haiti besagt, dass die Bevölkerung der Insel zu 85% römisch-katholisch, 15% protestantisch und zu 100% voodoo ist. Selbst viele von denen, die Voodoo ablehnen, erkennen seine enge Verbindung mit der haitianischen Identität an. Mitte des 20. Jahrhunderts stellte man fest, dass Voodoo von der Mehrheit der Bauern und des städtischen Proletariats in Haiti praktiziert wurde, schätzungsweise 80% der Haitianer. 1992 wurde die Zahl der haitianischen Praktizierenden auf sechs Millionen (damalige Gesamtbevölkerung laut Schätzung 10 Millionen) beziffert.



Wie reimt sich Voodoo mit dem Christentum zusammen?

Wie schon erwähnt ist Voodoo kein Glaube der stillen Götzenanbetung, sondern ein lebendiger und wandelbarer Glaube. 10 000 Voodoo-Geister umgeben und begleiten 10 000 Menschen. Jeder Oungan (Priester) und jede Manbo (Priesterin) hat seine/ihre eigenen Auslegungen und Praktiken. Es gibt keine Heilige Schrift die vorgibt, wie, wann und wo man zu leben und zu beten hat. Ähnlich wie bei den europäischen Druiden wird Religions- und Heilwissen nur mündliche von einer Generation an die nächste übergeben. Man muss sich nun vorstellen, dass Voodoo durch den Sklavenhandel in die Neue Welt geriet. Die Sklaven hatten Angst vor ihrer ungewissen Zukunft in den fremden Ländern und holten sich natürlich Rat und Hilfe bei ihren Göttern. Das schmeckte ihren neuen «Herren» und den Missionaren der Kirche ganz und gar nicht und sie versuchten ihren Glauben und ihre Anbetungen zu verhindern bis hin zu verbieten. Das schürte natürlich Unmut bei den unfreiwilligen Arbeitern aus Afrika und beeinträchtigte ihre Arbeitswilligkeit. Doch sie fanden einen Kompromiss, indem sie christliche Heilige mit ihren Göttern synthetisierten. So personifizierten sie dann eben die Iwa (Geist) Ezili zur Mutter Maria, den Iwa oder auch Papa Legba mit dem heiligen Petrus oder etwa Iwa Danbala mit dem heiligen Patrick und so weiter. Weder die neuen Herrschaften noch die Missionare konnten die Anbetung ihrer eigenen Gottheiten unterbinden und so konnte Voodoo weiterbestehen und gelebt werden.


«Bondye» und die Iwa

Voodoo lehrt die Existenz einer einzigen höchsten Gottheit, Olódùmarè in der ursprünglichen Yoruba-Religon und Bondye oder Boniè in der haitianischen Tradition. Kreolisch Bondye ist aus dem Französichen Bon Dieu für «Guter Gott» abgeleitet. Bondye erschuf das Universum, ist die ultimative Quelle der Kraft und ist für die Balance der universellen Ordnung verantwortlich. Bondye wird auch als fern und transzendent angesehen und mischt sich nicht in menschliche Angelegenheiten ein. Es hat daher wenig Sinn, sich direkt an es zu wenden. Haitianer verwenden häufig den Ausdruck «si Bondye vle» «wenn Bondye es wünscht», was auf den Glauben hindeutet, dass ALLES in Übereinstimmung mit dem Willen dieser Gottheit geschehe. Obwohl Voodooisten Bondye oft mit dem christlichen Gott gleichsetzen, beinhaltet Voodoo nicht den Glauben an einen mächtigen Antagonisten, der sich dem höchsten Wesen widersetzt und der etwa der christlichen Vorstellung vom Teufel ähnelt.

Als seine Vertreter und Vermittler auf Erden und zur Unterstützung aller Wesen sind die Iwa, auch Loa (Götter, Engel oder Geister) eingesetzt. Sie gelten nicht, wie etwa im Christentum als moralische Vorbilder, deren Charaktere nachgeahmt werden sollten. Jeder Iwa hat eine eigene Persönlichkeit und ist mit bestimmten Farben, Objekten und Opfergaben verbunden. So können sie auch schon mal beleidigt sein, wenn ihnen Essen angeboten wird, das sie nicht mögen. Wenn sie verärgert sind, wird angenommen, dass die lwa ihren Anhängern den Schutz nehmen oder ihnen Unglück, Krankheit oder Wahnsinn angedeihen lassen. Je nach Charakter sind sie entweder friedlich, geduldig und liebevoll oder launisch, ungeduldig und zornig im Umgang mit ihren Devotees. Die Zahl der Iwa ist nicht auszumachen, da zuweilen jedes Dorf, ja sogar jeder FamilienClan seine eigenen Iwa oder auch Ableitung der großen Iwa hat. Rat, Schutz und Hilfe der Iwa werden von den Menschen mit Opfergaben abgegolten.


Nanchon Die Iwa-Nationen/FAmilien

Die Iwa sind in Nanchon oder «Nationen» unterteilt. Dieses klassifikatorische System leitet sich von der Art und Weise ab, in der versklavte Westafrikaner bei ihrer Ankunft in Haiti in «Nationen» eingeteilt wurden. In der Regel basierend auf ihrem afrikanischen Herkunftshafen und nicht auf ihrer ethnokulturellen Identität. Der Begriff Fanmi (Familie) wird manchmal synonym mit «Nation» oder alternativ als deren Unterteilung verwendet. Es heißt, es gäbe 17 Nanchon im Voodoo, von denen die Rada und die Petwo die größten und dominantesten sind. Die Rada leiten ihren Namen von Arada, einer Stadt im Königreich Dahomey in Westafrika ab. Die Rada lwa werden gewöhnlich als dous oder doux (weich oder zart) angesehen, was bedeutet, dass sie gutmütig sind. Die Petwo lwa werden umgekehrt als Iwa chaud, auch lwa cho (heiß) angesehen, was darauf hinweist, dass sie gewaltsam oder rasend sein können und mit Feuer verbunden sind. Sie gelten zuweilen als sozial übergriffig und manchmal subversiv. Die Rada Iwa gelten als kühl und besonnen, die Petwo lwa als heiß und impulsiv. Die Rada lwa werden allgemein als rechtschaffen angesehen, während ihre Petwo-Gegenstücke als moralisch zweideutiger angesehen werden, die häufig mit Themen wie Geld verbunden sind. Die Petwo lwa stammen aus verschiedenen Hintergründen, einschließlich Kreolisch, Kongo und Dahomeyan. Viele lwa existieren andezo oder en deux eaux, was bedeutet, dass sie «in zwei Gewässern» sind und sowohl in Rada- als auch in Petwo-Ritualen dienen können.

Eine Übersicht der Haupt-Iwas

Papa Legba, auch bekannt als Legba, ist der erste Iwa, der während der Zeremonien gegrüßt wird. Er hütet die Tore und verschafft somit den anderen Iwa den Zutritt. Er wird als schwacher alter Mann dargestellt, der Lumpen trägt und eine Krücke benutzt. Papa Legba gilt als Beschützer von Toren und Zäunen und damit des Hauses, aber auch von Straßen, Wegen und Kreuzungen. Die Marasa oder heilige Zwillinge: Im Voodoo hat jede Nation ihre eigene Marasa, was den Glauben widerspiegelt, dass Zwillinge besondere Kräfte haben. Danbala oder Damballa ist ein Schlangen-Iwa und wird mit Wasser in Verbindung gebracht, wobei angenommen wird, dass er Flüsse, Quellen und Sümpfe häufig besucht. Er ist eine der beliebtesten Gottheiten im Pantheon. Danbala und seine Gemahlin Ayida-Weddo oder Ayida Wedo werden oft als ein Paar ineinander verschlungener Schlangen dargestellt. Die Simbi gelten als Wächter von Brunnen und Sümpfen. Agwe, auch bekannt als Agwe-taroyo, wird mit Wasserlebewesen in Verbindung gebracht und ist Beschützer von Schiffen und Fischern. Es wird angenommen, dass Agwe mit seiner Gemahlin Lasyrenn oder La Sirène das Meer beherrscht. Lasyrenn oder La Sirène ist eine Meerjungfrau oder Sirene und bildet mit Ezili Dantò und Ezili Freda die Familie der Ezili, daher auch ihr Beiname «Èzili des Wassers». Sie ist Hüterin des Unterbewussten, also dem, was unter der Wasseroberfläche ist. Oft wird sie auch als Wal beschrieben und wahrgenommen. Èzili Freda oder Erzuli Freda ist die Iwa der Liebe und des Luxus und verkörpert weibliche Schönheit und Anmut. Sie ist häufig die Iwa der Frauen der haitianischen Oberschicht. Ezili Dantò ist eine Iwa, die die Gestalt einer Bäuerin annimmt. Sie ist dem einfachen Volk zu diensten und kämpfte mit ihm mutig im haitianischen Bürgerkrieg. Zaka oder Azaka ist der Iwa der Feldfrüchte und der Landwirtschaft, der gewöhnlich als «Papa» oder «Cousin» angesprochen wird. Seine Gemahlin ist die weibliche Iwa Kouzinn. Loco oder Loko ist der Iwa der Vegetation. Er hütet und kennt die verschiedenen Pflanzenarten und ihre heilende Eigenschaften. Daher gilt er auch als der Iwa der Heilung. Ogou ist ein Krieger Iwa, der mit Waffen in Verbindung gebracht wird. Sogbo ist ein Iwa, der mit Blitzen verbunden ist, während sein Gefährte Bade mit dem Wind verbunden ist. Der Fanmi Verbund der Gede (auch Ghede oder Guédé): Sie werden mit dem Reich der Toten in Verbindung gebracht. Das Familienoberhaupt ist Baron Samedi (Baron Samstag. Seine Gemahlin ist Gran Brigit. Sie hat Autorität über Friedhöfe und gilt als Mutter vieler anderer Gede. Wenn man wahr nimmt, dass die Gede zu einer Voodoo-Zeremonie gekommen sind, werden sie normalerweise mit Freude begrüßt, weil sie Fröhlichkeit und Ausgelassenheit bringen. Diejenigen, die von der Gede bei diesen Zeremonien besessen sind, sind dafür bekannt, sexuelle Anspielungen zu machen. Das Symbol der Gede ist ein erigierter Penis, während des Banda-Tanzes, der mit ihnen verbunden ist. Die Voodoo.Priesterin Alourdes Margaux, alias Mama Lola beschreibt Papa Gede in Karen McCarthy Browns Buch "Mama Lola – Voodoo in Brooklyn" wie folgt: «Papa Gede ist ein Friedhofsmann. Er lebt auf dem Friedhof, aber das heißt nicht, dass er böse ist. Er ist ein sehr guter Mann. Er liebt Kinder sehr . Er liebt Frauen sehr. Er ist sehr sexy. Manchmal sagt er was Böses, aber... er liebt alle. Er hilft den Leuten gern. Wenn Leute krank sind – egal, was sie haben - ,ist es sein Job, ihnen zu helfen» (Karen McCarthy Brown, Mama Lola – Voodoo in Brooklyn; Kapitel: Gede; Seite 391, Europäische Verlagsanstalt, 2000).


Ezili - die dreifaltige Iwa

Die einzelnen Iwa und die Gede-Familie haben eine Unzahl von Funktionen und Aufgaben. In der Übersicht oben sind nur ihre Hauptaufgaben aufgezählt. Ein wenig genauer möchte ich hier auf Ezili eingehen, um zu zeigen, wie vielseitig die einzelnen Iwa sein können.

Es gibt drei Geister, die der Ezili Gruppe zugeordnet sind. Ezili Dantò, ein Geist aus der Familie der Petwo, scheut keine Verantwortung, arbeitet hart, hilft in schweren Zeiten, ist schön, aber nicht eitel. Sie ist die Hüterin der Kinder und Beschützerin der alleinerziehenden Mütter. Doch Dantò ist auch Kriegerin und trägt zwei Narben im Gesicht. Im Befreiungskampf der Sklaven auf Haiti kämpfte sie mutig an der Seite ihrer «Kinder». In den Wirren des blutigen Krieges schnitt man ihr, aus Angst, sie würde Geheimnisse an den Feind verraten, die Zunge heraus. So ist sie stumm und das einzige, was sie äußern kann ist «dey,dey,dey». Doch jeder der sie in einer Angelegenheit um Rat fragt, versteht genau, was sie ihm damit sagen will. Aus Enttäuschung spukt sie Blut und zuweilen tobt sie zornig. Ein Spruch bringt das Charisma dieses kraftvollen Geistes wohl am Besten zum Ausdruck, der da lautet: «Wenn du Dantò vorbei ziehen siehst, ist es Gewitter». Ezili Freda aus der Familie der Rada, ist der zweite Geist aus der Pantheon der Ezili und ist die sanftere hellhäutige Schöne und Begehrenswerte. Sie ist die gutsituierte, fein gekleidete und die teuer geschmückte Ehefrau der Iwas Ogou (Kriegsgeist und Verkörperer der Geschichte Haitis) und Dhambala (dem ältesten aller Voodoo Geister und Schlangengott). Im Gegensatz zu Dantò, die Sexulalität als Fruchtbarkeit lebt, verliert sich die schöngeistige Freda in romantischer Liebe. Auf Haiti selbst symbolisiert Freda eher den geringen Anteil der Bevölkerung, der sich den Lebensstil der luxusliebenden Freda leisten kann, also der Oberschicht. Dantò hingegen steht an der Seite der hart arbeitenden und meist armen Frauen auf dem Land und in der Stadt, die im Kampf ums Überleben und bei der Ernährung ihrer Kinder jede erdenkliche Hilfe nötig haben. In ihrem Werk «Mama Lola» schreibt Karen McKarthy Brown: «Von ethischen Normen und absoluten moralischen Werten können (auf Haiti) nur diejenigen reden, die Macht besitzen und über Entscheidungsmöglichkeiten verfügen. Die überwiegende Mehrzahl der Haitianer ist davon ausgeschlossen und betrachte das Leben als ein Meer voller moralischer Strudel und Unterströmungen. Dem Voodoo zufolge fährt man am besten, wenn man auf den Wellen reitet, die vom eigenen Charakter in die konstruktiven Richtungen fließen. Die Geister helfen den Menschen, die wichtigsten Aspekte ihres Charakters zu benennen und auch dann daran festzuhalten, wenn die See stürmisch wird (Karen McCarthy Brown, Mama Lola – Voodoo in Brooklyn; Kapitel: Die drei Ezili; Seite 306/307, Europäische Verlagsanstalt, 2000). Das machen die sehr unterschiedlichen und charakterlich sehr weit auseinander driftenden einzelnen Geister, die entweder der Iwa Familie Rada oder der Iwa Familie Petwo zugehörig sind, schon eher zu Familienangehörigen. Vollkommen zu Unrecht und fälschlicher Weise werden diese Familien von vielen im Westen, einer Voodoo Modeerscheinung zugehörigen Gruppe, als «gute» Geister der Rada Familie und «böse» Geister der Petwo Familie eingeteilt. Sehr verallgemeinert könnte man lediglich sagen, dass die Rada Geister oder Wurzelgeister eng vertraute und familiäre Geister sind und eher von sanfterer Natur. Sie sind zumeist gütig und verlässlich und verzeihen auch mal eine nicht erhaltene Opfergabe. Ihre Macht beruht auf Weisheit. Als Trankopfer nehmen sie zum Beispiel Wasser, süße Liköre, mit Kräutern versetzten Rum und Parfüm entgegen. Die Petwo-Geister können auch anders und neigen zuweilen zu Extremen. Sie sind heißblütig, unzuverlässig und launisch. Ihre Macht beruht darauf, Dinge geschehen zu lassen. Der Preis dafür ist allerdings absolute Erfüllung ihrer «Wunschopfer» und das Einhalten von Versprechen. Anderenfalls quälen und plagen sie ihre Anhänger (Krankheit, Armut, Not und Tod). Ein typische Petwo-Trankopfer ist Rum mit beigemischten Zutaten wie Kaffee, Pfeffer, Blut oder Schießpulver.

Die dritte im Bunde der Ezili ist Lasyrenn, die Meerjungfrau. Wie ein Wal schwebt sie dunkel unter dem Spiegel des Meeres. Nur flüchtig lässt sie sich zu weilen sehen. Ihre Heimat sind die Tiefen des Meeres und sie ist Hüterin dessen, was hinter dem Sichtbaren und Bewussten liegt. Wer dessen Geheimnisse ergründen will oder muss um seine Aufgaben zu verstehen, kommt nicht an Lasyrenn und ihren Prüfungen vorbei. Zuerst fällt der Hut ins Meer und dann sein Träger… Sie zu beschreiben ist schwer. Sie erscheint den sie Suchenden in einer wie Wasser nicht greifbaren Gestalt, verdunkelt und erhellt sich wie das bewegte Wasser selbst, ist einmal schwarz und ein anderes Mal weiß , aber sie hat immer einen Kamm dabei um das bis zum Horizont reichende mal dunkle und mal helle Haar zu kämmen. Die Tiefe ist ihre Heimat. Ihr Reich beginnt direkt unter der Wasseroberfläche und hinter der Pforte zum Bewusstsein. Doch der Weg zu ihrem Reich ist gepflastert mit Prüfungen, die sie mit strengem Blick durch ihre meerblauen Augen beobachtet. Hier müssen keine Dämonen besiegt werden, die höchsten Berge erklommen werden oder die heißesten Wüsten durchwandert werden. Hier gilt es, die schmerzlichsten Erfahrungen, die tiefste Traurigkeit Einsamkeit, Erstarrtheit und die größte Angst zu ertragen und anzunehmen, sie als Weisheiten des Lebens zu erfahren und weder ihre Existenz zu leugnen, noch den scheinheiligen und feigen Versuch zu unternehmen, sie per Visualisierung oder irgendeiner anderen «verheißungsvollen» Technik in einen bunten Regenbogen oder ein Einhorn verwandeln zu wollen. Denn derlei jämmerliche Versuche mag Lasyrenn wirklich ganz und gar nicht und sie lässt solch Kandidaten nicht selten nie wieder auftauchen, sei es aus dem Meer oder aus der Lüge oder eben aus beidem – einem Meer aus Lügen, in dem sie langsam, einsam und unglücklich ertrinken…


Voodoo-Glaubensessenz

Voodoo glaubt, dass Bondye die Menschheit nach seinem Bild schuf, indem er Menschen aus Wasser und Lehm formte. Er lehrt die Existenz eines Geistes oder einer Seele, des espri (Geist oder Spirit), das in zwei Teile geteilt ist (Seelendualismus). Eine davon ist die ti bonnanj, auch ti bon ange (kleiner guter Engel), und sie wird als das Gewissen verstanden, das es einem Individuum ermöglicht, sich auf Selbstreflexion und Selbstkritik einzulassen. Der andere Seelenteil ist die gwo bonnanj, auch gros bon ange (großer guter Engel) und sie bildet die Psyche, die Quelle des Gedächtnisses, die Intelligenz und die Persönlichkeit. Es wird angenommen, dass sich beide im Kopf eines Individuums befinden. Voodooisten glauben, dass die gwo bonnanj den Kopf verlassen und reisen kann, während eine Person schläft.

Voodooisten glauben, dass jedes Individuum untrennbar mit einem bestimmten Iwa verbunden ist. Dieser Iwa ist ihr mèt tèt (Herr des Kopfes). Sie glauben, dass dieser Iwa die Persönlichkeit des Individuums beeinflusst. Im Voodoo ist man der Ansicht, dass die Identität des Schutz-Iwa einer Person durch Weissagung oder durch Konsultation der Iwa identifiziert werden kann. Einigen Priestern und Priesterinnen der Religion wird zugeschrieben, dass sie die «Gabe der Augen» haben und das sie sehen können, welcher der Iwa eines Wesens ist.

Beim körperlichen Tod schließen sich die Gwo Bonnanj dem Ginen (Ahnenreich) oder den Ahnengeistern an, während die Ti Bonnanj zu Bondye geht, um sich dem Gericht zu stellen. Diese Idee des Gerichts vor Bondye ist häufiger in städtischen Gebieten, da sie vom römischen Katholizismus beeinflusst wurde, während es in den haitianischen Bergen und auf dem Land üblicher ist, zu glauben, dass sich die Ti Bonnanj neun Tage nach dem Tod im Nabel der Erde auflöst. Es wird angenommen, dass die Gwo Bonnanj ein Jahr und einen Tag in Ginen bleibt, bevor sie in die Familie der Gede auf-genommen wird. Ginen wird oft als unter dem Meer, unter der Erde oder über dem Himmel befindlich identifiziert.

Voodooisten glauben, dass die Toten weiterhin an menschlichen Angelegenheiten teilnehmen, was Opfer erfordert. Er lehrt nicht die Existenz irgendeines Jenseitsbereichs, der den christlichen Vorstellungen von Himmel und Hölle ähnelt.

Der Dienst an den Iwa ist im Voodoo von zentraler Bedeutung, und seine Moralkodexe spiegeln die wechselseitige Beziehung wider, die die Praktizierenden mit diesen Geistern haben, wobei eine verantwortungsvolle Beziehung mit den Iwa sicherstellt, dass Tugenden erhalten bleiben. Voodoo stärkt auch die familiären Bindungen. Die Achtung älterer Menschen ist ein Schlüsselwert und Großfamilien haben in der haitianischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert.

Voodoo fördert keinen dualistischen Glauben und eine feste Trennung zwischen Gut und Böse. Sie bietet keinen präskriptiven Ethikkodex. Anstatt regelbasiert zu sein, wird die Voodoo-Moral als kontextuell zur jeweiligen Situation betrachtet. Voodoo spiegelt die alltäglichen Sorgen der Menschen wider und konzentriert sich auf Techniken zur Linderung von Krankheit und Unglück. Zu tun, was man tun muss, um zu überleben, gilt als hohe Ethik. Im Allgemeinen werden Handlungen, die Bondyes Macht stärken, als gut angesehen; Diejenigen, die sie untergraben, werden als schlecht angesehen. Maji (Magie), d.h. der Einsatz übernatürlicher Kräfte für eigennützige und böswillige Zwecke, wird als ungut angesehen und kann zum Ausschluss aus der Gemeinschaft führen.

Voodoo fördert den Glauben an das Schicksal, obwohl Individuen immer noch Wahlfreiheit zugesprochen wird. Diese Sicht des Schicksals wurde als Ermutigung zu einer fatalistischen Einstellung unter Praktizierenden interpretiert, daher argumentieren Kritiker der Religion, insbesondere mit christlichem Hintergrund, dass der Glaube an das Schicksal Voodooisten davon abgehalte, ihre Gesellschaft zu verbessern. Das Argument wurde erweitert in dem man Voodoo direkt für die Armut in Haiti verantwortlich machte. Das in meinem Verstehen sehr richtige Gegenargument lautet, das die Armut in europäischen kolonialen Vorurteilen gegenüber Afrikanern verwurzelt ist und die komplexen historischen und ökologischen Faktoren übersieht, die Haiti beeinflussen. Des weiteren bin ich der Überzeugung das die Kolonialisierung (auch neuzeitlich durch die USA) und die Versklavung die eigentlichen Gründe für die Verarmung Haitis sind.

Obwohl Voodoo die patriarchalen Elemente der haitianischen Kultur widerspiegelt, stärkt er gleichzeitig Frauen in größerem Maße als in vielen andern Religionen, indem er ihnen erlaubt, Priesterinnen zu werden. Als soziale und spirituelle Führerinnen können Frauen auch moralische Autorität im Voodoo beanspruchen.

Einige Praktizierende behaupten, dass die Iwa ihre sexuelle Orientierung bestimmen, indem sie sie homosexuell machten. Somit ist es kein Tabu im Voodoo auch als Priester homosexuell zu sein. Die Iwa Èzili gilt als Schutzpatronin der masisi (Schwulen).



Die Priester des Voodoo - Manbo & Oungan

Zur Priesterinnen oder zum Priester im Voodoo wird man mit einer mehrstufigen geheimen Einweihung initiiert. Es gibt vier Ebenen der Initiation,von denen die vierte jemanden zu einer Prieserin oder zu einem Priester macht. Bei der Einweihung wird den Anwärtern symbolisch der Ason – die heilige Rassel überreicht. Der nun ein-geweihte Priester oder die eingeweihte Priesterin «nimmt den Ason» und verpflichtet sich damit, den Iwa und der Gemeinde zu dienen. Die Priester und Priesterinnen im Voodoo betreuen zumeist eine feste Gemeinde, die, in ihrem nahen Umfeld, und vereinigen in ihrem Amt häufig den Arzt, den Psychotherapeuten, den Sozialarbeiter und eben den Priester.

"Mama Mambo"; Zeichnung aus dem Buch "Durch den Kreis eines Jahres, bis in alle Zeiten" von Maren Kunst

Männliche Priester werden als oungan, (alternativ houngan oder hungan geschrieben), oder als prèt vodou bezeichnet. Priesterinnen werden Manbo (alternativ Mambo geschrieben) genannt. Oungan dominieren zahlenmäßig im ländlichen Haiti, während es in städtischen Gebieten ein gerechteres Gleichgewicht von Priestern und Priesterinnen gibt. Die Oungan und Manbo haben die Aufgabe, Liturgien zu organisieren, Initiationen vorzubereiten, Konsultationen mit Klienten unter Verwendung von Weissagung anzubieten und Heilmittel für die Kranken vorzubereiten. Es gibt keine priesterliche Hierarchie, wobei Oungan und Manbo weitgehend autark sind. In vielen Fällen wird das Amt familiär weitergegeben.

Voodoo lehrt, dass die Iwa einen Menschen dazu berufen, ein Oungan oder eine Manbo zu werden und wenn letztere/r sich weigert, kann ihnen Unglück widerfahren. Ein angehender Oungan oder eine Manbo muss normalerweise die anderen Rollen in einer Voodoo-Gemeinde durchlaufen, bevor er/sie eine Ausbildung von mehreren Monaten oder Jahren bei einem Oungan oder einer Manbo absolviert. Nach dieser Lehre durchlaufen die Aspiranten eine Initiationszeremonie, deren Einzelheiten vor Nicht-Eingeweihten geheim gehalten werden. Oungan oder Manbo zu werden, ist teuer und erfordert oft den Kauf von rituellen Utensilien und Land, auf dem ein Tempel gebaut werden kann. Um dies zu finanzieren, arbeiten viele hart für ihre Berufung und sparen viele Jahre lang.

Von Oungan und Manbo wird erwartet, dass sie die Kraft des zweiten Blickes, auch «die Gabe der Augen» besitzen, das als Geschenk der Schöpfergottheit angesehen wird.

Oungan und Manbo sind im Allgemeinen mächtige und angesehene Mitglieder der haitianischen Gesellschaft. Ein Oungan oder eine Manbo zu sein, verschafft einem Individuum sowohl hohes soziales Ansehen als auch materielle Sicherheiten. Jedoch ausschlaggebend für den Ruhm und das Ansehen einzelner Priester und Priesterinnen ist ihr persönliches Charisma und ihr soziales Engagement. Angesehene Voodoo-Priester- und Priesterinnen können lesen und schreiben. Ein hohes Privileg in einer Gesellschaft von Halbalphabetisierung und Analphabetismus. Sie können heiligen Texten rezitieren und Briefe für Analphabeten ihrer Gemeinschaft schreiben. Aufgrund ihrer Prominenz in einer Gemeinschaft können die Oungan und Manbo politische Führer werden, oder anderweitig Einfluss auf die Lokalpolitik ausüben. Einige Oungan und Manbo haben sich eng mit Berufspolitikern verbunden, zum Beispiel während der Herrschaft der Duvaliers.

In früheren Zeiten fanden sich auserwählte Oungan in geheimen Bündnissen zusammen um zum Beispiel über Hinrichtungen und Zombisierungen zu beraten und zu entscheiden. Die zu verurteilenden Gemeinten waren Verräter oder Verbrecher (Mörder, Vergewaltiger, Diebe). Dies war eine sehr verantwortungsvolle Berufung. Ob es diese Bündnisse noch gibt und in welchem Umfang sie existieren ist nicht belegt und sollte es auch meiner Meinung nach nicht sein. Aus ihnen heraus hat sich jedoch noch eine andere Qualität der Priesterschaft entwickelt. Die sogenannten Bocore. Die einzige Verbindung die sich öffentlich macht und machte, ist die Bizango-Geheimgesellschaft. Bocore sind Priester, die sich auch oder nur mit schwarzer Magie beschäftigen. Ihre Arbeit wird in Haiti «Arbeit mit beiden Händen» genannt und ist anders als die der weißmagischen Houngans und Mambos. Ihr «Werk» ist rein «entgeltlicher Natur». Sie werden unter anderem mit der Verwandlung von Menschen in Zombies, eigentlich eine Form der Sklaverei, in Verbindung gebracht. Aus Respekt vor den Priestern und Gläubigen des Voodoos will ich auf ihr Tun nicht weiter eingehen. Wird einem Priester in Haiti «Arbeit mit beiden Händen» unterstellt, beinhaltet dies den Vorwurf, der Betreffende sei ein Bocor und bediene sich zugleich guter und böser Kräfte. Während der Zeit der Diktatur von François und Jean-Claude Duvalier (1957–1986) galten viele Bocore und oder Mitglieder der Bizango-Geheimgesellschaft als Verbündete der Tonton Macoute, der wegen ihrer schweren Menschenrechts-verletzungen gefürchteten Geheimpolizei des Duvalier-Regimes. Die Duvalier Epoche gilt als eines der dunkelsten Kapitels der Haitianischen Geschichte.

Voodoo-Praktiken

Voodoo-Zeremonien, die sich hauptsächlich um Interaktionen mit den Iwa drehen, verwenden Gesang, Trommeln, Tanz, Gebet, Besessenheit und Opfer. Praktizierende versammeln sich zu Sèvices (Gottesdiensten), in denen sie mit den Iwa kommunizieren. Zeremonien für einen bestimmten Iwa fallen oft mit dem Festtag des römisch-katholischen Heiligen zusammen, mit dem dieser Iwa verbunden ist. Die Beherrschung von Ritualen gilt im Voodoo als unerlässlich. Der Zweck des Rituals besteht darin, die Dinge zu reflektieren und zu eskalieren. um so Veränderungen herbeizuführen, sei es, um Barrieren zu beseitigen oder die Heilung zu erleichtern.

Geheimhaltung ist im Voodoo wichtig! Es handelt sich um eine Tradition, die durch ein System abgestufter Induktion oder Initiation funktioniert. Wenn eine Person zustimmt, einem Iwa zu dienen, gilt dies als lebenslange Verpflichtung. Voodoo hat eine starke mündliche Kultur, und seine Lehren werden hauptsächlich durch mündliche Überlieferung verbreitet. Texte erschienen erst in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts und werden seit dem auch von Voodooisten verwendet. Métraux beschrieb Voodoo als «eine praktische und utilitaristische Religion».

Ein Vodou-Tempel wird Ounfò genannt. Es gibt unterschiedliche Schreibweisen: hounfò, hounfort, oder humfo.


Kultobjekte, Altäre & heilige Orte

Die Schaffung geistlicher Werke und Orte ist im Voodoo wichtig. Votivobjekte, die in Haiti verwendet werden, werden typischerweise aus industriellen Materialien hergestellt, darunter Eisen, Kunststoff, Pailletten, Porzellan, Lametta und Gips. Ein Altar oder Pè für einen Iwa enthält oft Bilder (typischerweise Lithographien) seines oder ihres römisch-katholischer Pendant. Der Phantasie sind beim errichten dieser Heil- und Kultstätten oft keine Grenzen gesetzt. Na, Hauptsache ist ja auch, das es dem und der Iwa gefällt... Cosentino* stieß auf einen Schrein in Port-au-Prince, wo Baron Samedi durch eine Plastikstatue des Weihnachtsmanns mit einem schwarzen Sombrero dargestellt wurde. Auf einem anderen Altar glänzte der Baron durch eine Statue der Star Wars-Figur Darth Vader. Ansonsten ist es üblich, dass Voodooisten menschliche Schädel auf ihrem Altar für die Gedes anbringen. Viele Praktizierende haben auch einen Altar, der ihren Vorfahren in ihrem Haus gewidmet ist, an dem sie Opfergaben entrichten.

Friedhöfe gelten allgemein als Orte, an denen Geister wohnen, was sie für bestimmte Rituale geeignet macht, insbesondere um sich den Geistern der Toten zu nähern. Im ländlichen Haiti sind Friedhöfe oft in Familienbesitz und spielen eine Schlüsselrolle in Familienritualen. Kreuzungen sind im Allgemeinen auch rituelle Orte, da man glaubt, dass sie Zugangspunkte zur geistigen Welt sind. Andere Orte oder Räume, die für Voodoo-Rituale genutzt werden, sind christliche Kirchen, Flüsse, das Meer, Felder und Märkte.

Bestimmte Bäume gelten als Geister, die in ihnen wohnen und werden als natürliche Altäre verwendet. Verschiedene Baumarten werden mit Iwa assoziiert; Ogou zum Beispiel ist mit Mangobäumen und Danbala mit Bougainvillea verbunden. An ausgewählten Bäumen in Haiti wurden Metallgegenstände befestigt, die als Schreine für Ogou dienen, der sowohl mit Eisen als auch mit den Straßen in Verbindung gebracht wird.

Zeichnungen, die als vèvè bekannt sind, werden mit Maismehl, Asche, Kaffeesatz oder pulverisierten Eierschalen auf den Boden des Pe's gezeichnet. Dabei hat jeder Iwa sein eigenes vèvè.

Vèvè Ezili Freda; Zeichnung Maren Kunst

Im Inneren des Altars entfalten die Praktizierenden zu Beginn einer Zeremonie auch zeremonielle Fahnen, die als drapo bekannt sind. Eine Batèms (Taufe) ist ein Ritual, das ausgeführt wird, um ein Objekt zu einem Gefäß für die Iwa zu machen. Es wird angenommen, dass Objekte, die für den rituellen Gebrauch geweiht sind, eine spirituelle Essenz oder Kraft enthalten, die Nanm genannt wird. Der bereits erwähnte Ason (auch Asson geschrieben) ist eine heilige Rassel, die verwendet wird, um die Iwa zu beschwören. Es besteht aus einem leeren, getrockneten Kürbis, der mit Perlen und Schlangenwirbeln bedeckt ist. Bevor der Ason in einem Ritual verwendet wird, bedarf es der Taufe - Batèms. Die Übernahme der Pflichten einer Manbo oder einem Oungan bei ihren Initiationen wird als «den Ason nehmen» bezeichnet.

Ritual Ason mit Glocke, 19.-20. Jahrhundert; ICOM Museum

Opfergaben

Die Speisung der Iwa ist im Voodoo von großer Bedeutung, mit Riten, die oft als manje Iwa («Fütterung der Iwa») bezeichnet werden. Das Anbieten von Essen und Trinken für die Iwa ist das häufigste Ritual innerhalb der Religion, das sowohl gemeinschaftlich als auch zu Hause durchgeführt wird. Ein Oungan oder Manbo organisiert auch ein jährliches Fest für seine Gemeinde, bei dem Opfer für verschiedene Iwa dargebracht werden. Die Auswahl der angebotenen Speisen und Getränke variiert je nach Iwa, wobei davon ausgegangen wird, dass verschiedene Iwa unterschiedliche Lebensmittel bevorzugen. Danbala zum Beispiel benötigt weiße Lebensmittel, insbesondere Eier. Lebensmittel, die Legba angeboten werden, ob Fleisch, Knollen oder Gemüse, müssen auf einem Feuer gegrillt werden. Die Iwa der Ogou- und Nago-Nationen bevorzugen puren Rum oder Clairin (haitianische Spirituose aus Zuckerrohr) als Opfergabe.

Ein Manje Sèk (Trockenmahlzeit) ist eine Opfergabe von Getreide, Obst und Gemüse, die oft einer einfachen Zeremonie vorausgeht. Es hat seinen Namen auch daher, weil es kein Blut beinhaltet.

Petwo-Iwa bevorzugen Blut- und Fleischopfer. Maya Deren schrieb: «Die Absicht und Betonung des Opfers liegt nicht auf dem Tod des Tieres, sondern auf der Transfusion seines Lebens in die Iwa; Denn das Verständnis ist, dass Fleisch und Blut von der Essenz des Lebens und deren Kraft sind und diese werden die göttliche Energie wiederherstellen.» Da angenommen wird, dass Agwé im Meer wohnt, finden Rituale, die ihm gewidmet sind, oft an einem großen Gewässer wie einem See, Fluss oder Meer statt.

Das Essen wird normalerweise angeboten, wenn es kühl ist. Es bleibt eine Weile stehen, damit der Iwa zuerst essen kann. Erst wenn der Iwa die Menschen einlädt oder satt ist, dürfen die Zeremonieteilnehmer zugreifen. Trankopfer könnten in den Boden gegossen werden. Voodooisten glauben, dass die Iwa dann die Essenz der Nahrung konsumieren.Bestimmte Lebensmittel werden in dem Glauben angeboten, dass sie tugendhaft sind, wie gegrillter Mais, Erdnüsse und Maniok. Diese werden manchmal über Tiere gestreut, die geopfert werden sollen, oder auf die vèvè auf dem Boden des Altars gestellt.


La Dans – der Tanz

Die nächtlichen Zusammenkünfte von Voodooisten werden oft als Dans («Tanz») bezeichnet, was die bedeutende Rolle widerspiegelt, die der Tanz bei solchen Zeremonien spielt. Ihr Zweck ist es, ein Iwa einzuladen, den rituellen Raum zu betreten und einen der Anbeter zu «reiten», durch den sie dann mit der Gemeinde kommunizieren können. Der Erfolg dieses Verfahrens beruht darauf, die verschiedenen rituellen Handlungen und die ästhetische Ausführung zu beherrschen, um dem Iwa zu gefallen. Der dans kann die ganze Nacht dauern.

Zu Beginn verteilt sich die Gemeinde typischerweise entlang des Altars. Das Ritual beginnt oft mit römisch-katholischen Gebeten und Hymnen. Diese werden zumeist von einer Person angeführt, die als Prèt Savann bekannt ist. Nicht jeder Ounfò hat regelrecht einen Pret Savann in seiner Entourage. Oft füllt diese Rolle die Priesterin oder der Priester. Es folgt das Schütteln der Ason-Rassel, um die Iwa zu beschwören. Zwei haitianisch-kreolische Lieder, das Priyè Deyò («Äußere Gebete»), können dann gesungen werden und dauern 45 Minuten bis zu einer Stunde. Die wichtigsten Iwa werden dann einzeln in einer bestimmten Reihenfolge begrüßt. Legba steht immer an erster Stelle, da man glaubt, dass er den Weg für die anderen Iwa öffnet. Jedem Iwa können entweder drei oder sieben Lieder angeboten werden, die für ihn spezifisch sind.

Die Riten, die verwendet werden, um die Iwa nieder zurufen, variieren je nach Nation. Während großer Zeremonien werden die Iwa eingeladen, durch ihr vèvè aus Maismehl auf dem Boden zu erscheinen. Um die Geister herabzurufen, wird auch eine Phase des Trommelns, Singens, Gebets und Tanzens durchgeführt. Trankopfer und Speiseopfer werden dem Iwa dargebracht. Die Einbestellung und das Protokoll zur Begrüßung der Iwa wird als regleman bezeichnet.

Als Symbol der Religion ist die Trommel vielleicht der heiligste Gegenstand im Voodoo. Voodooisten glauben, dass rituelle Trommeln eine ätherische Kraft, die nanm,und einen Geist namens ountò enthalten. Wenn Voodooisten den Altarraum betreten, verbeugen sie sich gewöhnlich vor den Trommeln. Es werden verschiedene Arten von Trommeln verwendet, die manchmal für Rituale reserviert sind, die bestimmten Iwa gewidmet sind. Petwo-Riten zum Beispiel beinhalten zwei Arten von Trommeln, während Rada-Rituale drei erfordern. Im Voodoo-Ritual werden Trommler tanbouryes (Tamburiers) genannt.

Das Trommeln wird typischerweise von Gesang begleitet, meist in haitianischem Kreolisch. Diese Lieder sind oft als «Call and Response» strukturiert, wobei ein Solist eine Zeile singt und der Chor entweder mit der gleichen Zeile oder einer gekürzten Version antwortet. Lyrisch einfach und repetitiv, sind diese Lieder Anrufungen, um einen Iwa zu beschwören. Neben dem Trommeln spielt das Tanzen eine große Rolle im Ritual, wobei das Trommeln den Rhythmus für den Tanz liefert. Spezifische Tanzbewegungen können darauf hinweisen, dass der Iwa oder seine Nation gerufen werden. Tänze für Agwe zum Beispiel imitieren Schwimmbewegungen. Voodooisten glauben, dass sich der Iwa durch die Vitalität der Tänzer erquickt und energetisiert.


Geistbesessenheit – Die Trance


Die Besessenheit des Geistes, das «Reiten» oder die Trace stellt ein wichtiges Element des Voodoo dar,das im Mittelpunkt vieler seiner Rituale steht. Die besessene Person wird als Chwal (Pferd) bezeichnet. Der Akt des Einfahren eines Iwa in einen Menschen wird als «Reiten eines Pferdes» bezeichnet. Voodoo lehrt, dass ein Iwa ein Individuum unabhängig vom Geschlecht besitzen kann; Sowohl männliche als auch weibliche Iwa können entweder Männer oder Frauen besetzen. Obwohl Kinder bei diesen Zeremonien oft anwesend sind,werden sie selten besessen, da es sowohl von den Iwa als auch von den Menschen als zu gefährlich angesehen werden. Während die Iwa spezifischen Trommeln geschlagen werden und seine Lieder gesungen werden, kann es trotzdem geschehen, dass unerwartet ein anderer Iwa erscheint und eine auserwählte Person besetzt. In einigen Fällen erscheinen eine Reihe von Iwa und besetzten ein Individuum einer nach dem anderen.

Die Trance der Besessenheit ist als kriz Iwa bekannt. Voodooisten glauben, dass während dieses Prozesses der Iwa in den Kopf des Chwal eindringt und seine gwo bon anj verdrängt. Es wird angenommen, dass diese Verschiebung den Chwal zittern und krampfen lässt. Da der Bewusstsein beherrschende Seelenteil des Ergriffenen während der Besessenheit durch den Iwa verdrängt wurde, glauben Voodooisten, dass das Chwal keine Erinnerung an das haben wird, was während der Trance passiert. Die Dauer der Trance variiert und dauert oft einige Stunden, manchmal auch mehrere Tage. Es kann damit enden, dass das Chwal in einem halbbewussten Zustand zusammenbricht. Besessene sind nach der Prozedur typischerweise körperlich und mental erschöpft. Einige Personen, die am Tanz teilnehmen und nicht geritten werden wollen, stecken einen bestimmten Gegenstand, oft Wachs, in ihre Haare oder Kopfbedeckungen, um Besessenheit zu verhindern.

Sobald der Iwa ein Individuum besitzt, begrüßt die Gemeinde ihn mit einem jubelnden Ausbruch von Gesang und Tanz. Das Chwal verneigt sich typischerweise vor dem amtierenden Priester oder der amtierenden Priesterin und wirft sich vor dem Poto Mitan (geheiligter Mittelteil des Voodoo Tempels) nieder. Das Chwal wird oft in einen angrenzenden Raum eskortiert, wo es die typischen Kleider des Iwa angezogen bekommt. Alternativ werden die Kleider herausgeholt und sie werden im Peristil (Hauptzeremonie-Raum in einem Ounfó) angelegt. Sobald das Chwal angezogen ist, küssen die Gemeindemitglieder den Boden vor ihm. Die angelegten Kleider, Kostüme und Requisiten helfen dem Chwal, das Aussehen der Iwa anzunehmen. Viele Ounfò haben einen großen hölzernen Phallus im Sortiment, der von denen benutzt wird, die von Ghede Iwa während ihres Tänze in Besitz genommen werden.

Das Chwal nimmt das Verhalten und die Ausdrücke der besitzenden Iwa an. Die Aufführung kann sehr theatralisch sein. Diejenigen, die von dem Schlangen-Iwa Danbala besessen sind, rutschen und schlängeln sich oft auf dem Boden, strecken ihre Zunge heraus und klettern auf die Pfosten des Peristils. Diejenigen, die von Zaka, dem Iwa der Landwirtschaft, besessen sind, werden sich als Bauer in einem Strohhut mit einer Tonpfeife verkleiden und oft mit einem rustikalen Akzent sprechen. Die Chwal nehmen dann oft an den Tänzen teil und tanzen mit jedem mit dem sie wollen. Oft essen und trinken sie auch. Manchmal tätigt die Iwa durch das Chwal finanzielle Transaktionen mit Mitgliedern der Versammlung die ihren Rat und ihre Hilfe erbitten wollen. Manche Iwa verkaufen Essen, das ihnen als Opfergabe gegeben wurde, auch verleihen sie Geld. Umgekehrt kann es genauso sein, dass Menschen den Iwas für Rat Essen oder anderes verkaufen oder den Iwas Geld leihen. Diese Transaktionen unterliegen einem hohen moralischen Kodex. Nie bleibt ein Ratsuchender einem Iwa etwas schuldig und umgekehrt ist es genauso.

Besitz erleichtert die direkte Kommunikation zwischen der Iwa und ihren Anhängern. Durch das Chwal kommuniziert die Iwa mit ihren Devotees und bietet Rat, Züchtigung, Segnungen, Warnungen vor der Zukunft und Heilung an. Iwa-Besessenheit hat eine heilende Funktion, wobei von dem besessenen Individuum erwartet wird, dass es den Beschwerden der Versammelten mögliche Heilmittel offenbart. Kleidung, die der Chwal berührt, gilt als Glücksbringer. Der Iwa kann auch der Person, die sie besetzt, Ratschläge geben. Da angenommen wird, dass letztere keine Erinnerung an die Ereignisse haben, werden andere Mitglieder der Gemeinde die Botschaft des Iwa an sie weitergeben. Es kommt vor, dass Praktizierende schon mal im Alltagsleben besessen werden, zum Beispiel auf dem Markt oder im Schlaf.


Weissagung

Eine gängige Form der Wahrsagung, die von Oungan und Manbo angewandt wird, besteht darin, einen Iwa in einen Krug zu rufen, wo ihm dann Fragen gestellt werden. Das Werfen von Muscheln wird auch oft in einigen Ounfo verwendet. Eine Form der Wahrsagung, die vor allem mit Petwo-Lwa in Verbindung gebracht wird, ist die Verwendung einer Gembo-Muschel, an deren einer Seite manchmal ein Spiegel angebracht ist und die an beiden Enden mit einer Schnur verbunden ist. Die Schnur wird gedreht und die Richtungen der Muschel genutzt, um die Antworten des Iwa zu deuten.Oft werden auch Spielkarten zur Wahrsagung verwendet. Andere Arten der Wahrsagung, die von Vodouisten genutzt werden, umfassen das Studieren von Blättern, Kaffeesatz oder Asche in einem Glas oder der Blick in eine Kerzenflamme.


Heilung & ihr gegenteil

«Im Zentrum der Religion, die afrikanische Sklaven ihren Nachkommen überliefert haben, stehen Heilverfahren.... Es gibt kein Voodoo-Ritual, sei es individuell oder gemeinschaftlich, größer oder geringeren Umfangs, das nicht zugleich ein Heilungsritus ist. Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass die Haitianer glauben, Leben und Leiden seine untrennbar mit einander verbunden. Voodoo ist das System, was sie ersonnen haben, um mit dem von Leid geprägten Leben umgehen zu können. Der Voodoo soll die Schmerzen lindern, Unheil abwenden, einen Verlust erträglich machen, Überlebende und Überlebensinstinkte stärken...» (Brown, Karen McCarthy (2000). «Mama Lola: Eine Vodou-Priesterin in Brooklyn»)


Die Heilung spielt im Voodoo eine wichtige Rolle. Ein Klient wendet sich an den Manbo oder Oungan und klagt über eine Krankheit oder ein Unglück, woraufhin dieser mittels Wahrsagerei die Ursache ermittelt und ein Heilmittel auswählt. Manbo und Oungan verfügen in der Regel über ein umfangreiches Wissen über Pflanzen und deren Verwendung in der Heilkunde. Zur Heilung verschreiben sie oft Bäder, die mit verschiedenen Zutaten versetztes Wasser enthalten. In Haiti gibt es auch "Kräuterärzte", die unabhängig von den Oungan und Manbo pflanzliche Heilmittel für verschiedene Beschwerden anbieten. Sie haben ein begrenzteres Spektrum an Krankheiten, mit denen sie sich befassen. Manbo und Oungan bieten oft Talismane an, die pwen (Punkte) oder travay (Arbeit) genannt werden. Bestimmte Talismane, die als gewickelte Bündel angeboten werden, nennt man pakèt oder pakèt kongo. Sie können auch Pulver für einen bestimmten Zweck herstellen, z. B. um Glück anzuziehen oder die Verführung zu unterstützen.

In Haiti können oungan oder manbo ihren Kunden raten, sich an Mediziner zu wenden, während letztere ihre Patienten zu einem oungan oder manbo schicken können. Mit der Ausbreitung des HIV/AIDS-Virus in Haiti Ende des 20. Jahrhunderts äußerten Fachleute des Gesundheitswesens die Befürchtung, dass der Vodou zur Ausbreitung der Krankheit beiträgt, da er sexuelle Aktivitäten mit einer Vielzahl von Partnern billigt und Menschen dazu veranlasst, Oungan und Manbo um medizinischen Rat zu bitten, anstatt Ärzte aufzusuchen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bemühten sich verschiedene NRO und andere Gruppen darum, Voodoo-Priester in die breitere Kampagne gegen HIV/AIDS einzubeziehen.

Der Vodou lehrt, dass übernatürliche Faktoren viele Probleme verursachen oder verschlimmern. Es wird angenommen, dass Menschen anderen übernatürlichen Schaden zufügen können, entweder unabsichtlich oder absichtlich, im letzteren Fall, indem sie durch den Besitz von Haaren oder Nagelabschnitten, die einer Person gehören, Macht über diese Person ausüben. Voodooisten glauben auch oft, dass übernatürlicher Schaden durch andere Wesenheiten verursacht werden kann. Der Lougawou (Werwolf) ist ein Mensch, meist weiblich, der sich in ein Tier verwandelt und schlafenden Opfern das Blut aussaugt. Die Mitglieder des Geheimbundes Bizango sind gefürchtet wegen ihrer angeblichen Fähigkeit, sich in Hunde zu verwandeln, in denen sie nachts durch die Straßen laufen.

Eine Person, die sich an die lwa wendet, um anderen zu schaden, ist ein choché, ein bòkò oder bokor, wobei sich letzterer Begriff auch auf einen oungan im Allgemeinen beziehen kann, der sert des deux mains («mit beiden Händen dient») oder travaillant des deux mains («mit beiden Händen arbeitet»). Diese Praktiker bedienen sich der Baka, bösartiger Geister, die manchmal in Tiergestalt auftreten. Es wird auch angenommen, dass die Bòko mit lwa achte («gekauften lwa») arbeiten, weil die guten lwa sie als unwürdig zurückgewiesen haben. Ihre Rituale sind oft mit Petwo-Riten verbunden und ähneln dem jamaikanischen Obeah. Nach dem haitianischen Volksglauben führen diese bòkò anvwamò oder Expeditionen durch, bei denen sie die Toten gegen eine Person aufhetzen, um deren plötzliche Krankheit und Tod herbeizuführen.

In der haitianischen Religion wird allgemein geglaubt, dass ein Gegenstand mit übernatürlichen Eigenschaften ausgestattet werden kann, die ihn zu einem Wanga machen, der dann Unglück und Krankheit hervorruft. In Haiti ist das Misstrauen und der Argwohn gegenüber denjenigen, die im Verdacht stehen, bòkò zu sein, groß, ebenso wie die Furcht vor Gruppen dieser Zauberer. Man glaubt, dass die Flüche der bòkò durch die Handlungen der oungan und manbo bekämpft werden können, die den Fluch durch einen Exorzismus umkehren können, der die Beschwörung der schützenden lwa, Massagen und Bäder umfasst. In Haiti werden einige oungan und manbo beschuldigt, aktiv mit den bòkò zusammenzuarbeiten und diese zu veranlassen, Personen zu verfluchen, damit sie von der Beseitigung dieser Flüche finanziell profitieren können.

Quellen: Brown, Karen McCarthy (2000). «Mama Lola: Eine Vodou-Priesterin in Brooklyn»., Europäische Verlagsanstalt Cosentino, Donald J. (1988). «Mehr über Voodoo». Afrikanische Kunst. (3 (Mai)): 77. doi:10.2307/3336454. JSTOR 3336454. Cosentino, Donald J. (1995a). «Stell dir den Himmel vor». In Donald J., Cosentino (Hrsg.). Heilige Kunst des haitianischen Vodou. Los Angeles: UCLA Fowler Museum für Kulturgeschichte. Desmangles, Leslie (1992). «Die Gesichter der Götter: Vodou und römischer Katholizismus in Haiti». Chapel Hill: University of North Carolina Press. ISBN 978-0807843932. McAlister, Elizabeth (2002). «Rara! Vodou, Macht und Performance in Haiti und seiner Diaspora». Berkeley: University of California Press. Métraux, Alfred (1972) [1959]. «Voodoo in Haiti». Übersetzt von Hugo Charteris. New York: Schocken Books. Michel, Claudine (1996). «Von sichtbaren und unsichtbaren Welten: Der pädagogische Charakter des haitianischen Vodou». Comparative Education Review.(3): 280–294.. Michel, Claudine (2001). «Women's Moral and Spiritual Leadership in Haitian Vodou: The Voice of Mama Lola and Karen McCarthy Brown». Zeitschrift für feministische Studien in der Religion. Fernández Olmos, Margarite; Paravisini-Gebert, Lizabeth (2011). «Creole Religions of the Caribbean: An Introduction from Vodou and Santería to Obeah and Espiritismo» (zweite Auflage). New York und London: New York University Press.


Bilder: Photo Haiti Voodoo - Chip Somodevilla: www.fresher.ru Zeichnung «Mama Mambo»: Maren Kunst Zeichnung Vèvè: Maren Kunst Photo Ason: Icom Museum

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