Die zwölf Rauhnächte sind eine sehr alte Tradition und sind grob gesagt eine Angleichung des Mondkalenders (ein Kalenderjahr hat 354 Tage) an den Sonnen-kalender (ein Kalenderjahr hat 365,24 Tage).
Der Konflikt der Zeitberechnung nach entweder dem Mond oder der Sonne oder eben beiden:
In unserer Ahnenkultur dem Keltentum richteten sich die Menschen in vielerlei Hinsicht sowohl bei der Alltagsbewältigung als auch kalendarisch nach dem Mond. Jedoch mussten unsere Vorfahren, für die Bewirtschaftung der Felder und des Viehs sowie den Jahreszeitenverlauf, den Sonnenlauf mit einbeziehen und entwickelten einen Kalender, der sich sowohl nach der Sonne als auch nach dem Mond richtete (lunisolarer Kalender). Da es ja aus kulturellen Gründen kaum bis gar keine Schriftzeugnisse unserer keltischen Vorfahren gibt (mündliche Wissensweitergabe von Generation zu Generation), gilt als nahezu das einzige Relikt über ihre Zeitrechnung der Kalender von Coligny. Es handelt sich hierbei um Bruchstücke eines gallo-römischen Kalenders aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert nach der Zeitenwende. Er hat 12 Monate, die durch einen jeweils nach zweieinhalb Jahren (30 Monate) eingeschobenen Schaltmonat an das Sonnenjahr angeglichen war.
Der Sonnenkalender richtet sich nach den feststehenden Sonnenwend- und Tages – und Nachtgleichen und verhindert somit eine Verschiebung der Jahreszeiten. Da jedoch ein Sonnenjahr keine ganze Anzahl von Tagen lang ist, sondern ca. 365¼ Tage umfasst, wird ihm zum Ausgleich alle vier Jahre ein Schaltjahr zugefügt. Ein reiner Mondkalender hat keinerlei Bindung an das Sonnenjahr und an die Jahreszeiten. Er verschiebt sich um etwa elf Tage in jedem Sonnenjahr rückwärts. Diese elf Tage beziehungsweise 12 Nächte sind die Tage und Nächte außerhalb der Zeit oder tote Tage und Nächte und hatten und haben deswegen natürlich seit jeher «ungeheuerliches» Potential den Geist oder die Geister zu «beflügeln». In dieser Zeit gelten keine Gesetze der Natur. Kein stoisches Ticken der Uhr, kein Plan hat hier Kraft den Menschen zu treiben. Die Natur spielt auch nicht mit und Tag und Nacht sind nahezu gleich finster. Doch was tun, wenn Zeit und Raum verschwunden sind, wenn schelmische Geister hinüber eilen und die Menschen mit grusligen Gedanken verhöhnen und erschrecken und in Haus und Stall ihren Schabernack treiben, die Kerzen flackern lassen und das Geschirr zum Klappern bringen, um nach Leckereien zu betteln? Tja, was tun? Rituale Rituale...
Warum es nun Rauhnächte und nicht Rauhtage heißt, lässt sich vielleicht damit be-gründen, dass diese Nächte nahe der Wintersonnenwende (kürzester Tag/ längste Nacht des Jahres) als die dunkelsten im Jahr gelten. Zudem finden sie in der Nachtzeit des Jahres statt. Unsere sehr frühen Vorfahren erlebten den Zeitlauf in Dualität und kannten wie Tag und Nacht nur zwei Jahreszeiten – den Sommer und den Winter. Der Sommer begann zwischen der Frühlings-Tagesundnachtgleiche und der Sommer-sonnewende an Beltane und endete zwischen Herbst-Tagesundnachtgleiche und der Wintersonnenwende an Samhain. Somit sind Beltane und Samhain zwei besondere Jahrespunkte und wurden daher ausgiebig rituell zeremoniert und gefeiert. Beltane als der «Jahresmorgen» und als Sommerbeginn und Samhain eben als Beginn der Nachtzeit im Jahr und Winteranfang.
Und alles begann bei unseren Ahnen in der Dunkelheit. Neumond war der Monatsbeginn, Samhain, also der Winterbeginn war die Neujahrsnacht, also der Jahresbeginn. Ich denke, dass die Rauhnächte vielleicht keine feststehenden Tage waren, sondern das sie am Tag vor einem Neumond, also zu Beginn eines neuen Mondmonat haben enden können. Doch bei vielen beginnt die erste Rauhnacht, die «Mutternacht» am 24. Dezember um Mitternacht und endet um Mitternacht zum 25. Dezember. Die letzte Rauhnacht «Perchtennacht» endet am 5. Januar um Mitternacht. Regional gibt es verschiedene Variationen, zum Beispiel die mit dem Beginn der Rauhnächte zur Wintersonnenwende. Jede Rauhnacht steht für einen Monat und seiner Qualität. Rückblickend kann man darauf zum Beispiel positiven Einfluss nehmen, wenn sagen wir mal der August, des vergangenen Jahres eine besonders anspruchsvolle Energie hatte, bestimmte Ereignisse anstrengend, traurig oder frustrierend waren, dass man sich in der achten Rauhnacht (vom 1. auf den 2. Januar), die für den August steht, sich dieser Dinge rückwirkend und mit etwas Abstand noch einmal annimmt. Ich zum Beispiel schreibe solche Sachen auf und übergebe sie dann mit Heilmantras und lieben Gedanken dem Feuer. Vielerorts wurden die zukünftigen Monate auch orakelt und man befragte Hellsichtige und Magier über die Qualität (Gesundheit, Wetter, Zwischenmenschliches oder Wohlstand) der Monate und ließ sie segnen. So konnte man sich zum Beispiel bei einer nicht so guten Prognose eines Monats darauf einstellen und gegebenenfalls Vorkehrungen veranlassen. Wer es wirklich ganz genau haben wollte, brach das ganze noch präziser auf. Es stehen nämlich in jeder Rauhnacht auch noch die einzelnen Stunden für einen Monat. Die ersten beiden Stunden, also von 0 Uhr bis 2 Uhr für den Januar, 2 Uhr bis 4 Uhr für den Februar, 4 Uhr bis 6 Uhr für März und so weiter.
Die Perchtennacht, die letzte Rauhnacht, könnte man einer scharmanischen Austreibung gleichsetzten. Mit Masken, vielen Glocken und Geheul ziehen die Menschen in Umzügen durch die Straßen und treiben die vergangenen oder bösen Geister des Jahres und auch des Winters durch die Schleusen zur Anderswelt, die sich in dieser Nacht ja wieder schließen und die Zeit wieder ihren all gewohnten Rhythmus schlägt.
Nicht ganz ohne Grund verzichte ich in all meinen Texten über das Keltentum und seine Heiler - die Druiden weitest gehend auf christliche Allegorien, weil ich möglichst bei der Sache bleiben möchte - nämlich bei den Kelten. Jedoch kann man ja leicht selbst feststellen, dass die alten Volksbräuche, etwa die Jahreskreisfeste, man wollte ja die Untertanen nicht ganz und gar vergrätzen, zusammengeknüpft wurden mit christlichen Ereignissen (24. Dezember – Jesus' Geburt, Allerheiligen, Fastnachtsum-züge und so weiter.) Ich beziehe das weitestgehend nicht mit ein, weil es mir auf die Nerven geht, dass selbst in einschlägiger Literatur über die Kelten und Germanen, diese christlichen Zeremonien und Feste über den alten Bräuchen dominieren.
Die Bräuche und Rituale rund um die Rauhnächte sind so mannigfaltig wie die Regionen Europas. Da sie weit vor den heutig gültigen Grenzen entstanden, kann man wirklich nur von regionalen Bräuchen sprechen und nicht etwa von deutschen, französischen, britischen oder anderen. Daher ist die Auswahl groß, wenn man beschließt sich auf diese sehr besondere Zeit im Jahr einzulassen. Ein paar Dinge sind jedoch über all gültig. Es geht um Rückzug, Innenschau und Reflexion. Daher wurde in alten Tagen in den Rauhnächten nicht gearbeitet, innegehalten und teilweise gefastet. Und noch etwas ist überall von Wichtigkeit – die Traumdeutung. So sollte man darauf achten, welche Träume man in den Nächten hat und sie gegeben falls gleich nach dem Erwachen aufschreiben (Traumtagebuch), denn diese Träume sagen voraus, wie sich die kommenden Monate und das Jahr in Gänze gestaltet.
Meine Rauhnächte Es gibt wie gesagt unzählige Bräuche und Rituale für die Rauhnächte. Bei mir steht diese Zeit als die Zeit der Reinigung. Das gilt sowohl für meine Wohnung und meine Umgebung als auch für mein Innen.
Im Außen sorge ich für Ordnung und Sauberkeit. Für die Reinigung nehme ich ein Wischwasser mit Essig und beschäftige mich mit selbigem besonders ausgiebig an Türschwellen und Treppen. Ein Basilikumsalz besiegelt das Ganze und sorgt dafür, dass keine ungebetenen Gäste und Geister hinein kommen. Die Luft und den geistigen Raum säubere ich mit Räucherungen auf Kohle mit: Copal- und Dammarharz, Beifuß und anderen Reinigungskräutern. Vor der Tür oder im Garten versteckt ich eine Schale mit Leckereien: Obst, Nüsschen, Gemüse aber auch ein Stück Käse und Schokolade (man will sich ja schließlich nicht lumpen lassen) für die hungrigen Geister, mit der Bitte an die Scherzbolde unter ihnen, mir keine Streiche zu spielen oder mir Schwierigkeiten zu machen.
Im Inneren und in aller Ruhe lasse ich mich auf ungeklärte Angelegenheit ein und suche, sofern es an mir allein liegt nach Lösungen, Auflösung und Besänftigung.
Ich habe oben schon mein kleines Feuerritual beschrieben, bei dem ich alles Ungeklärte, Ungute und Verwirrendes aus dem vergangenen Jahr oder auch aus früheren Ereignissen im bewussten Erinnern aufschreibe und sie mit Heilmantras und liebevollen Gedanken dem Feuer übergebe. Ich faste nicht direkt, weil es nicht das richtige ist für meine Struktur (Pitta-Dosha) aber ich ernähre mich mit leichter Kost (Reis, grünes Gemüse, kein Fett, wenn ich tapfer genug bin, keine Süßigkeiten und so weiter). Ich besitze sowieso keinen Fernseher aber ich vermeide es in dieser Zeit mich medial «vollzustopfen» (keine Nachrichten, nichts Aufregendes etwa Krimis oder geistig Anstrengendes).Ich mache wie übrigens einige Male im Jahr eine Mediendiät. Tägliche oder nächtliche Meditationen sind auch eine gute Sache und helfen bei den oben erwähnten ungeklärten Angelegenheiten. Ein Thema für jede Nacht: Am Tag der ersten Rauhnacht, also vor Mitternacht schreibe ich auf 12 Zettel, was bei mir so Themen oder Wünsche für das kommende Jahr sind. Dann falte und mische ich die Zettel. Ich besorge mir ein kleines Schreibbuch und teile es in 12 Kapitel ein, ein Kapitel für jede Rauhnacht. Unwillkürlich verteile ich dann die 12 Zettel in die 12 Kapitel. Dieses Büchlein begleitet mich dann als Tagebuch durch die Rauhnächte. Ich schreibe alles auf, was ich an jedem einzelnen Tag denke, mache und träume. In den vergangenen Jahren fand ich erstaunliche Übereinstimmungen mit den Themen der Zettel. Ich habe das Buch über das Jahr immer einmal wieder herausgeholt um zu schauen, ob das Zettelthema oder meine Notizen mit den Ereignissen der Monate korrespondieren und ja, sie taten es zumeist.
Rituale und Bräuche* In Thüringen wurden auf kleinen Erhöhungen mit Steinen, Moose und auch Rasenstücke eine Art Pyramide erbaut, wo alte Besen drin steckten. Die Besen dienten als Fackel und sie wurden während der Julzeit angezündet. Wenn das Feuer erlosch, gingen die Menschen ins Tal zurück. Man muss dabei bedenken, das die Besen von damals aus Reisig bestanden und nicht so wie wir sie von heute kennen. In den Rauhnächten hielten im germanischen Glauben die großen Götter, wie Odin und Frigg einen Durchzug durch das Land und griffen segnend oder strafend in das Walten und Schalten der Menschen ein. Odin durchströmte oben den Himmel und seine Gattin Frigg schaute sich die Häuser an, ob sie aufgeräumt und sauber waren. Vielerorts wurden die Häuser mit Wasser aus heiligen Quellen besprengt. Von diesem Wasser wurde in kleinen Mengen etwas beiseite gestellt, das dann im nächsten Jahr für kultische Handlungen verwendet wurde. Während der Rauhnächte ruhten alle Haus- und Feldarbeiten, alle Geschäfte, alle Geräte und Ackerwerkzeug. Man brachte den Göttern Opfergaben, vorzüglich Schweine und Pferde, hielt Trinkgelage und Festessen, erleuchteten die heiligen Haine und Wälder mit Pechfackeln und Kerzen und ließen auf einem Berg gewaltige Feuer brennen, welche in diesen Ehrentagen der Hausgötter mit ihrem Schein vereinen sollte. Überall erscheinen Geister und Seelen in anderen Gestalten. Den umherirrenden Seelen wurden Speiseopfer dargereicht, wie zum Beispiel die Berchtmilch, eine eingekochte Milch mit harten Brötchen. Von diesem Speiseopfer lässt man die Hälfte übrig und lässt sie dann auf dem Esstisch für eine Rauhnacht stehen. Durch die Brötchenstücke ist diese Milch sehr dick und man kann den Löffel drin einstecken, so das er steht. Wenn dann am nächsten Morgen irgendein Löffel von jemanden umgefallen ist, dem geschieht Unglück im kommenden Jahr. Die Fußböden der Häuser wurden mit Stroh bestreut, das auch während der ganzen 12 Nächte liegen blieb. Es werden Äpfel und Nüsse im Ofen verbrannt, um die Geister zu füttern. Fremden Tiere darf man in dieser Zeit überhaupt nicht trauen, weil die Hexen oft Gestalt von ihnen annehmen. Sie dürfen in dieser Zeit nicht angelockt werden. Auch Hasen dürfen in dieser Zeit nicht geschossen werden, weil der Teufel in ihrer Gestalt in dieser Zeit erscheint. Wer ihn sehen will, muss sich auf eine Kuhhaut setzen. Es wurde Hirsebrei und Hering gegessen, um das ganze Jahr das Glück zuhalten und auch gelbe Rüben (Möhren?), um Gold zu erhalten. Bäume wurden mit Stroh umwickelt, um die beste Obsternte zu erzielen. Man merkt sehr, das die heidnischen
Bräuche, christlich überdeckt wurden.
Quellen:
*Diese Bräuche habe ich auf der sehr schönen Internetseite www.celticgarden.de gefunden. Grafik 1: www.wortzauber.eu
Grafik Jahreskreisfeste: www.jahreskreis.info
Photo: Perchten: www. jexhof.de
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